Fließer, Joseph Calasanz (1896–1960), Bischof

Fließer Joseph Calasanz, Bischof. Geb. Perg (Oberösterreich), 28. 7. 1896; gest. Linz (Oberösterreich), 12. 6. 1960; röm.-kath. Sohn des Finanzoberaufsehers Friedrich Fließer und seiner Ehefrau Rosalia Fließer, geb. Öller. – F. besuchte 1907–13 das Collegium Petrinum in Urfahr, wurde jedoch wegen Jugendstreichen ausgeschlossen und maturierte 1915 am Akademischen Gymnasium in Linz. In der Folge wurde er in das Bischöfliche Alumnat aufgenommen und 1919 zum Priester geweiht. 1919–25 als Kooperator in Gunskirchen, Waizenkirchen und Peuerbach tätig, fungierte er 1925–27 als Kaplan von Santa Maria dell’Anima in Rom und studierte daneben Kirchenrecht; 1927 Dr. iur. can. in Rom. 1928–33 Kooperator in der Linzer Stadtpfarre, wirkte er ab 1929 als Dozent für christliche Kunst und 1932–42 als Professor für Kirchenrecht an der philosophisch-theologischen Lehranstalt in Linz. Daneben übernahm er wichtige Funktionen innerhalb der Diözese: 1933 Ordinariatssekretär und Notar des Diözesangerichts, 1935–38 Redakteur der vom Diözesan-Kunstverein herausgegebenen „Christlichen Kunstblätter“, 1937/38 Diözesanpräses der Katholischen Mädchenschaft und der Marianischen Kongregation, 1939 Herausgeber des Diözesangebetbuchs „Vater unser“. 1941 wurde er zum Weihbischof von Linz und Titularbischof von Gargara konsekriert und zum Generalvikar von Linz ernannt. Nach dem Tod →Johannes Maria Gföllners wurde F. noch im selben Jahr zum Kapitelsvikar gewählt und übernahm als solcher die Leitung der Diözese. Aufgrund der kirchenpolitischen Lage während des nationalsozialistischen Regimes – das österreichische Konkordat von 1933/34 war außer Kraft gesetzt – war die Ernennung zum Diözesanbischof nicht möglich. Diese erfolgte erst im Mai 1946 (Besitzergreifung der Diözese im August und Inthronisation im Oktober desselben Jahres im Rahmen der Wiedereröffnung des durch den Krieg schwer beschädigten Linzer Doms). Der Beginn von F.s Amtszeit als Diözesanoberhaupt war überschattet vom NS-Regime und dem 2. Weltkrieg. Er errichtete während der NS-Herrschaft 129 „geschützte Seelsorgeposten“, um den Klerus vor der Einberufung zum Militärdienst zu bewahren. Mit der Schaffung von 69 neuen Seelsorgestellen, von denen viele in den Folgejahren zu Pfarren erhoben wurden, entstand ein dichteres Pfarrnetz. F. protestierte gegen NS-Maßnahmen, welche die kirchliche Jugendarbeit behinderten. Auch gelang es ihm, durch persönliche Interventionen viele Klöster und deren Niederlassungen vor der Aufhebung und das Priesterseminar vor der Beschlagnahmung zu bewahren. Für Letzteres übernahm er 1942–46 selbst die Leitung. In seine Amtszeit fiel auch die Verhaftung des 2007 seliggesprochenen Franz Jägerstätter, der 1943 wegen Kriegsdienstverweigerung von den Nationalsozialisten hingerichtet worden war. F. hatte versucht, ihn unter Rücksichtnahme auf dessen Familie von der Wehrdienstverweigerung abzuhalten. Als großer Marienverehrer weihte er 1943 und 1946 die Diözese dem Unbefleckten Herzen Mariens. Nach dem Krieg setzte sich F. für den Aufbau einer Diözesancaritas (anstelle der Vereinscaritas) und der kirchlichen Presse ein. Innerhalb der Österreichischen Bischofskonferenz hatte er 1945–49 das Referat für Liturgie inne und galt als großer Förderer der Liturgischen Bewegung, die auch in seiner Diözese Fuß gefasst hatte und weit verbreitet war. Nachdem F. 1948 und 1953 Schlaganfälle erlitten hatte, bot er 1955 seinen Rücktritt an. Aufgrund von F.s Gesundheitszustand wurde 1949 Franz Sales Zauner zum Koadjutor mit Nachfolgerecht bestellt und erhielt zwei Jahre später die Rechte eines residierenden Bischofs, was zu Spannungen mit seinem Vorgänger führte. Zauner übernahm schließlich 1956 die Diözesanleitung.

W.: Es lebe unser Papstkönig Pius XI., 1929; Die Linzer Stadtpfarrkirche (1286–1936), 1936; Der hl. Kreuzweg. Gebete, 1946.
L.: Bautz; Gatz, Bischöfe (mit Bild); LthK; A. Naderer, Dr. J. C. F., Bischof von Linz, theol. Diss. Wien, 1972; A. Naderer, in: Theologisch-praktische Quartalschrift 124, 1976, S. 273ff.; H. Hollerweger, ebd. 125, 1977, S. 84ff.; A. Naderer, in: Das Bistum Linz im Dritten Reich, ed. R. Zinnhobler, 1979, S. 74ff.; R. Zinnhobler, ebd., S. 108ff., 127ff.; R. Zinnhobler, in: Oberösterreicher. Lebensbilder zur Geschichte Oberösterreichs 1, ed. A. Zauner – H. Slapnicka, 1981, S. 200ff. (mit Bild); A. Naderer, in: Die Bischöfe von Linz, ed. R. Zinnhobler, 1985, S. 289ff. (mit Bild); R. Zinnhobler, in: Staat und Kirche in der „Ostmark“, ed. M. Liebmann u. a., 1998, S. 515ff.; R. Zinnhobler, in: Österreichs Kirche und Widerstand 1938–45, ed. J. Mikrut, 2000, S. 105ff. (mit Bild); R. Zinnhobler, Das Bistum Linz. Seine Bischöfe und Generalvikare (1783/85–2000), 2002, s. Reg. (mit Bild); Pfarre Perg, Oberösterreich.
(M. Sohn-Kronthaler)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)