Folgner, Raimund (1888–1916), Geologe

Folgner Raimund, Geologe. Geb. Międzybrodzie, Galizien (Międzybrodzie Bialskie, PL), 16. 10. 1888; gest. Voronež (RU), 31. 1. 1916; röm.-kath. Sohn des Forstverwalters Raimund Folgner und von Marie Folgner, geb. Uhlig. – Seine Kindheit verbrachte F. in Lipnik und Biala. Nach dem Besuch der Gymnasien in Bielitz und Teschen studierte er ab 1906 Geologie, Paläontologie und Mineralogie an der Universität Wien, u. a. bei seinem Onkel →Viktor Uhlig sowie bei →Friedrich Becke und →Carl Diener. Bereits im fünften Semester nahm er die Stelle eines Demonstrators am geologischen Institut der Universität Wien an. Durch zahlreiche Reisen und Exkursionen erwarb er sich rasch umfassende Kenntnisse der Ost- und Westalpen, der Karpaten sowie des böhmisch-schlesischen Randgebirges. 1910–11 absolvierte er, ohne sein Studium abgeschlossen zu haben, das Einjährig-Freiwilligen-Jahr beim Tiroler Landesschützen-Regiment „Bozen“ Nr. 2, wo er die Gelegenheit nutzte, Teile der Tiroler Alpen geologisch zu untersuchen. U. a. machte er bereits damals die Entdeckung, dass im Etschbuchtgebirge Überschiebungen von Bedeutung sind, und erläuterte dies später in seiner Studie „Zur Tektonik des nördlichen Etschbuchtgebirges“ (in: Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1914). Nur kurz nach Beendigung seines Militärdienstes erlitt er 1911 bei Imsterberg durch einen herabfallenden Stein eine schwere Kopfverletzung mit bleibender Augenschädigung. Nach einer längeren Genesungsphase nahm er kurzfristig sein Studium an der Universität Wien wieder auf. 1912 übersiedelte er nach Leoben, wo er als Aushilfsassistent an der Lehrkanzel für Geologie, Paläontologie und Lagerstättenlehre der Montanistischen Hochschule unter →Walter Schmidt tätig war und sich mit den geologischen Verhältnissen der Obersteiermark vertraut machte. Obwohl wegen seines Augenleidens vom Kriegsdienst befreit, rückte F. 1914 freiwillig als Kadettoberjäger zum Tiroler Landsturm-Infanterieregiment Nr. 2 (Imst) ein. In der Schlacht bei Przemyslany wurde er schwer verletzt, geriet in russische Kriegsgefangenschaft und wurde nach Kazanʼ verbracht. Versuche, seine Auslieferung zu erreichen, scheiterten, er verstarb an den Folgen seiner Verletzungen. Bereits während des Studiums bearbeitete F. die indische Unterkreidefauna. Darüber hinaus machte er sich um die einheitliche Neuaufnahme und Gliederung der nordalpinen Juraschichten verdient. In Leoben befasste er sich v. a. mit chemischen, petrographischen sowie montanistischen Forschungsmethoden und wandte seine besondere Aufmerksamkeit den Liesegangʼschen Diffusionen zu. Kleinere Untersuchungen in den Alpen, Beskiden und Karpaten rundeten sein Schaffen ab. F. war ab 1908 ao. Mitglied der Geologischen Gesellschaft in Wien, ab 1913 Mitglied der Paläontologischen Gesellschaft.

Weitere W.: Über die Werfener Schiefer am Reiting (Eisenerzer Alpen), in: Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1913.
L.: Arbeiterwille, 6. 10. 1911; Neuigkeits-Welt-Blatt, 18. 4. 1916; BSČZ; O. Ampferer, in: Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien 9, 1916, S. 112ff.; A. Winkler, in: Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1916, S. 177ff.; UA, Wien.
(D. Angetter)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)