Gatscher, Franz de Paula (1820–1882), Gerichtsmediziner

Gatscher Franz de Paula, Gerichtsmediziner. Geb. Oberhaid, Böhmen (CZ), 20. 1. 1820; gest. im Prießnitztal bei Mödling (Niederösterreich), 1. 8. 1882; röm.-kath. Sohn des Landwirts Johann Gatscher; verheiratet mit Maria Gatscher, geb. Pfohl (gest. Wien, 22. 8. 1856). – G. studierte ab 1839 Medizin an der Universität Wien; 1845 Dr. med., Dr. obstet., 1846 Dr. chir. Er vertiefte seine Ausbildung in Wien und erhielt einen Assistentenposten an der medizinisch-chirurgischen Lehranstalt der Universität. 1850 wechselte G. als Professor der gerichtlichen Arzneikunde an die medizinisch-chirurgische Lehranstalt in Lemberg. Ab 1853 hielt er daneben als ao. Professor der gerichtlichen Medizin Vorlesungen an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät. Darüber hinaus war er beim Landesgericht in Lemberg als Mediziner tätig. 1871 folgte er einer Berufung als ao. Professor für gerichtliche Medizin an die juridische Fakultät der Universität Wien. In seinen Vorlesungen legte er besonderen Wert auf praktische Demonstrationen und Übungen am Seziertisch. G. interessierte sich v. a. für Seuchenlehre, veterinärpolizeiliche Themen, aber auch für die öffentliche Gesundheitspflege und hygienische Vorsorge. So befasste er sich u. a. mit epidemisch und endemisch auftretenden Krankheiten und möglichen Präventionsmaßnahmen des Staats, deren Ausbreitung zu verhindern, mit Prostitution sowie mit rettungstechnischen Maßnahmen bei Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen. 1854 wurde er zum Mitglied des Lemberger Statthaltereibezirks, 1867 zum Mitglied der ständigen medizinischen Kommission in Lemberg und 1870 zum Mitglied des Landessanitätsrats für das Königreich Galizien und Lodomerien mit dem Großherzogtum Krakau ernannt. Ab 1872 Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, übernahm er 1881 dort die Funktion des 1. Bibliothekars; 1881 Regierungsrat.

W.: De diabete mellito, med. Diss. Wien, 1845; Einige Worte zur Vertheidigung der Vorschrift für die Vornahme der gerichtlichen Todtenbeschau, in: WMW 6, 1856; Ueber den Tod durch Erhängen und Erdrosseln, ebd.
L.: NFP, 31. 8. 1871; Finkel–Starzyński; WMW 21, 1871, Sp. 859; L’vivs’kyj nacional’nyj universytet imeni Ivana Franka. Encyclopedia 1, ed. I. Vakarčuk, 2011; H. Flamm, Die Geschichte der Staatsarzneikunde, Hygiene, Medizinischen Mikrobiologie, Sozialmedizin und Tierseuchenlehre in Österreich und ihrer Vertreter, 2012, s. Reg.; AVA, UA, beide Wien; Pfarre St. Othmar, Mödling, Niederösterreich.
(M. Nadraga)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)