Glaser, Julius (1831-1885), Jurist

Glaser Julius, Jurist. * Postelberg (Postoloprty, Böhmen), 19. 3. 1831; † Wien, 26. 12. 1885. Von seinen Eltern zum Kaufmann bestimmt, absolv. er seine Gymnasialstud. in Leitmeritz und am Wr. Schottengymn.; stud. 1848 an der Univ. Zürich, 1849 Dr. phil., 1850–52 stud. er Rechtswiss. an der Univ. Wien, 1854 Dr. jur. und Priv. Doz., 1856 ao. Prof., 1860 o. Prof. für österr. Strafrecht an der Univ. Wien und 1867 Dekan der jur. Fakultät. 1868–70 Sektionschef im Unterrichtsmin., wo er entscheidenden Anteil an der Schaffung der neuen Schulgesetze (Reichsvolksschulgesetz) hatte. G. kehrte nach dem Rücktritt L. v. Hasners an die Univ. zurück, mußte aber seine Lehrtätigkeit neuerlich aufgeben, als er 1871 als Justizmin. in das Min. Auersperg berufen wurde, wo er bis 1879 wirkte. Sowohl im Wr. Landtag als auch im Reichsrat als glänzender Redner bekannt, hatte er bedeutenden Einfluß in der Sprachenfrage, machte sich jedoch durch seine Stellungnahme bei den Tschechen unbeliebt. Nach seinem Rücktritt wurde er 1879 zum General-Prokurator am Obersten Gerichts- und Kassationshof ernannt. G., der Schöpfer der gegenwärtigen Strafprozeßordnung und zugleich Begründer der modernen Strafprozeßwiss. in Österr. und Deutschland, hatte wesentlichen Anteil an den legislat. Werken seiner Zeit. Er trat besonders für die Geschworenengerichte und für die Abschaffung der Todesstrafe ein.

W.: Das engl.-schott. Strafverfahren, 1850; Abh. über das österr. Strafrecht, 1858; Über Friedensgerichte, 1859; Über die Fragestellung an die Geschworenen, 1863; Fragestellung im Schwurgerichtsverfahren, 1863; Zur Juryfrage, 1865; Anklage, Wahrspruch und Rechtsmittel im engl. Schwurgerichtsverfahren, 1866; Der Entwurf der Strafprozeßordnung, 1867; Schriften über Strafrecht, Zivil- und Strafprozeß, 2 Bde., 1868; Stud. zum Entwurf des österr. Strafgesetzes über Verbrechen, 1870; Zur Sprachenfrage in Österreich, 1871; Die geschichtlichen Grundlagen des neuen dt. Strafprozeßrechtes, 1879; Beiträge zur Lehre vom Beweis im Strafprozeß, 1883; Ges. kleine jurist. Schriften, 2. Aufl. 1883; Hdb. des Strafprozesses, 1883–1907; etc. Bibliograph. Verz. seiner Schriften von W. Glaser, 1888.
L.: N. Fremdenbl. vom 13. 9. 1872; N.Fr.Pr. vom 27. 12. 1885; Allg. Juristenztg., Jg. 9, 1886, S. 13f.; Gerichtshalle, Jg. 23, 1879, s. Reg., Jg. 30, 1886, s. Reg.; Jurist. Bll., Jg. 15, 1886, s. Reg., Jg. 60, 1931, S. 142; Zentralbl. für die Jurist. Praxis, Bd. 49, 1931, S. 161–64; H. Lammasch, J. G. Eine Charakteristik, in: Z. für das Privat- und öffentl. Recht der Gegenwart, Bd. 14, 1887, S. 675–703; J. Unger, J. G. Ein Nachruf, 1885; R. Charmatz, Österreichs innere Geschichte von 1848–1907, 1919, S. 95, 116–40; Czedik; E. Landsberg, Geschichte der dt. Rechtswiss., 1910, 3/2 Text, Noten (Literaturverzeichnis), s. Reg., in: Gesch. der Wiss. in Deutschland, 18; H. Sinzheimer, J. G., in: Jüd. Klassiker der dt. Rechtswiss., Frankfurter wiss. Beiträge, Rechts- und wirtschaftswiss. Reihe, Bd. 7, 1953, S. 127–44; Wininger; Jüd. Lex.; Univ. Jew. Enc.; Wurzbach; ADB; Otto 10; Uhlirz, s. Reg.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 6, 1957), S. 3f.
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