Gliber (Glieber), Jakob (1825–1917), Bildhauer

Gliber (Glieber) Jakob, Bildhauer. Geb. Ainet (Tirol), 15. (nicht 1.) 9. 1825; gest. ebd., 1. 2. 1917; röm.-kath. Sohn des Bauern Johann Gliber (vulgo Kircher) und dessen Frau Helena Gliber, geb. Jester. – G. wirkte 1843–53 als „Notlehrer“ in Alkus und übersiedelte 1853 auf Anraten eines Tischlers, mit dem er in den Sommermonaten u. a. Kirchenorgeln repariert hatte, nach München. Eigentlich wollte er dort Kunsttischler bzw. Altarbauer werden, wechselte aber bald an die Akademie der Bildenden Künste in die Bildhauerklasse von Max von Widnmann. 1854 ging er mit einem Empfehlungsschreiben →Moritz von Schwinds nach Wien an die dortige Akademie. Neben seiner Ausbildung zum akademischen Bildhauer (1854–58) absolvierte er durch drei Jahre eine Gesangsausbildung, feierte in einem Vokalquartett u. a. mit seinem Bruder Gabriel, der ihm nach Wien gefolgt war, und →Ferdinand Maass beachtliche Erfolge, sang 14 Jahre im Wiener Sängerbund und war auch einige Jahre Mitglied im Wiener Schubertbund. Ab 1860 arbeitete er in der Werkstatt von →Josef von Gasser-Walhorn. 1865/66 gestaltete er die Porträtbüste Carl Maria von Webers im Schwind-Foyer der Hofoper. Mit dem Erlös für die Arbeiten im Stift Admont, darunter die Figur des Stiftspatrons Blasius für den Hochaltar und die Passionsgruppe für den Kreuzaltar der Stiftskirche, begab er sich im Dezember 1869 auf eine einjährige Italienreise. Ende 1870 wieder in Wien, schuf G. Werke u. a. für die Votivkirche (Hll. Bonifatius, Severin, Hedwig, Nepomuk, Rupertus, Justus) und das Naturhistorische Hofmuseum (Balustradenfiguren Albertus Magnus und Marco Polo). 1880 übersiedelte er nach Admont, wo er den Auftrag für die 14 Kreuzwegstationen erhalten hatte (die Gipsmodelle überließ er der Aineter Pfarrkirche). 1892 zog es G. schließlich wieder nach Osttirol, wo er nach einem kurzen Aufenthalt in Amlach das damalige Leisacher Gemeindehaus mietete und sich mit kleineren Arbeiten, u. a. zwei Tabernakelengel für die Pfarrkirche in Buchkirchen und Grabdenkmäler für die Friedhöfe in Leisach, Ainet und Oberlienz, seinen Lebensunterhalt verdiente. Weiters restaurierte er durch mehrere Sommer hindurch die Bildstöcke des Toblacher Kreuzwegs. Immer wieder als Sänger unterwegs, u. a. um Spenden für seine Heimatgemeinde Ainet zu sammeln, die von verheerenden Bränden heimgesucht worden war, war er ein vielumjubeltes Original und ließ auch Porträt- bzw. Autogrammkarten von sich drucken. 1914 übersiedelte er wieder nach Ainet. Daneben zeichnete sich G. als einer der wichtigsten Gewährsmänner für die Volksliedsammler →Franz Friedrich Kohl, →Karl Liebleitner, Josef Weber und →Josef Pommer aus; so wird er in Kohls „Echten Tiroler Liedern“ häufig als Überlieferer genannt. G. war Mitglied u. a. des Lienzer Sängerbunds (1914 Ehrenmitglied), der Gesellschaft der Akademiker bzw. des daraus erwachsenen Albrecht-Dürer-Vereins (1877 dessen Vorstand) und ab 1874 der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus).

Weitere W.: Immaculata, 1865 (Pfarrkirche Ainet); Betende/Trauernde Römerin, 1870 (Museum Schloss Bruck, Lienz); Kruzifixus, 1894 (evangelische Kirche Neutz); Hll. Sebastian, Petrus und Anna, Stehkreuz (Admont).
L.: AKL; Thieme–Becker; W. Labler, in: Osttiroler Heimatblätter 2, 1925, S. 157f., 173ff.; A. Krause, in: Tiroler Heimatblätter 29, 1954, Nr. 4/6, S. 36ff., 7/9, S. 70ff.; J. Mackay, The Dictionary of Western Sculptors in Bronze, 1977; P. Sölder, in: Reimmichls Volkskalender 62, 1983, S. 85ff.; G. Pfaundler-Spat, Tirol-Lexikon, neubearb. Aufl. 2005; R. Lukasser, Das musikalische Wirken des Bildhauers J. G., DA Innsbruck, 2016; R. Lukasser, in: Osttiroler Heimatblätter 85, 2017, Nr. 1–2, S. 1ff. (mit Bild); K. Lukasser, ebd., S. 6ff.; ABK, Wien; Pfarre Ainet, Tirol; ABK, München, D.
(K. Lukasser)   
Zuletzt aktualisiert: 10.12.2019  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 8 (10.12.2019)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 6, 1957), S. 8
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