Goldmark, Carl (Karl) (1830–1915), Komponist, Geiger und Lehrer

Goldmark Carl (Karl), Komponist, Geiger und Lehrer. Geb. Keszthely (H), 18. 5. 1830; gest. Wien, 2. 1. 1915 (ehrenhalber gewidmetes Grab: Zentralfriedhof); mos. Sohn des jüdischen Kantors und Notärs Rubin Goldmark, Onkel des Komponisten und Musikpädagogen Rubin Goldmark (geb. New York City, NY, USA, 15. 8. 1872; gest. ebd., 6. 3. 1936), Vater der unehelich geborenen, 1890 legitimierten Wilhelmine (Minna) (1866–1945), die aus einer Verbindung mit G.s Haushälterin Maria Benel (ca. 1844–1871) stammte und später →Ernst Hegenbarth heiratete. – 1834 übersiedelte die Familie nach Deutschkreutz. G. erhielt 1841 seine erste musikalische Unterweisung durch einen Chorsänger seines Vaters und im darauffolgenden Jahr Geigenunterricht bei Anton Eipeldauer an der Musikschule Ödenburg. 1843 trat er erstmals im Rahmen eines Schülerkonzerts auf. 1844/45 nahm er als Privatschüler Violinunterricht bei →Leopold Jansa in Wien; aus dieser Zeit stammen erste, später vernichtete Kompositionsversuche. 1847 legte G. seine Schulabschlussprüfung als Externist in Wiener Neustadt ab und inskribierte am Polytechnikum und am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Violine bei →Joseph Böhm, Generalbass bei →Gottfried von Preyer). Das Technikstudium gab er bald auf; dem Musikstudium setzte die als Reaktion auf die Revolution des Jahres 1848 erfolgte Schließung des Konservatoriums ein Ende. G. verdiente seinen Lebensunterhalt daraufhin bis längstens 1858 als Geiger in verschiedenen Theaterorchestern, namentlich in Ödenburg, Ofen und Wien (Theater in der Josefstadt, Carltheater). Daneben gab er Klavierstunden; ab 1852 gehörte die spätere Hofopernsängerin Karoline Bettelheim zu seinen Schülern. 1854 wurden erstmals Kompositionen von ihm öffentlich aufgeführt und 1857 veranstaltete G. in der Gesellschaft der Musikfreunde sein erstes Konzert mit ausschließlich eigenen Werken. Aus Familienrücksichten nahm er 1858/59 seinen Wohnsitz in Pest, wo er sich autodidaktisch weiterbildete. Er komponierte dort Synagogalmusik, die heute größtenteils verschollen ist, und gab 1859 im Hôtel de lʼEurope sein zweites Kompositionskonzert. Ein drittes folgte Anfang 1861 nach seiner Rückkehr nach Wien, wiederum in der Gesellschaft der Musikfreunde. Von da an fand sein Schaffen nach und nach Eingang in das Repertoire der Berufsmusiker, allen voran des Hellmesberger-Quartetts. 1862/63 trat G. als Musikkritiker der „Constitutionellen österreichischen Zeitung“ sowohl für →Johannes Brahms als auch für Richard Wagner ein. Im letztgenannten Jahr erhielt er ein erstes Staatsstipendium. Außerdem leitete er 1862–65 den jüdischen Männerchor Zion (zuletzt umbenannt in Eintracht). Ein nachhaltiger Erfolg auf kompositorischem Gebiet gelang G. Ende 1865 mit der Ouvertüre zu Kalidasas Drama „Sakuntala“. 1867 erhielt er zum zweiten Mal ein Staatsstipendium. Ab 1870 verbrachte er jedes Jahr seinen Sommeraufenthalt in Gmunden. Im März 1875 gelangte an der Wiener Hofoper die Oper „Die Königin von Saba“ zur Uraufführung, an der G. mit Unterbrechungen fast ein Jahrzehnt lang gearbeitet hatte. Mit seiner orientalisch anmutenden Tonsprache entwickelte sich das Werk rasch zu einem ausgesprochenen Kassenschlager. Es wurde zum Markenzeichen des Komponisten und stellt zugleich den Höhepunkt in seinem Schaffen dar. Finanziell unabhängig geworden, konnte G. nun den bis dahin ausgeübten Klavierunterricht aufgeben. Die in der Folge entstandenen Werke wurden in aller Regel von den hervorragendsten musikalischen Kräften Wiens auf die Bühne gebracht. 1889–91 beaufsichtigte G. die musikalische Ausbildung seines Neffen, dem in den USA eine Karriere als Komponist und Musikpädagoge bevorstand. Daneben unterrichtete er 1890/91 zusammen mit →Robert Fuchs den in Wien weilenden Jean Sibelius. Nach dem Tod von →Anton Bruckner, Brahms und →Johann Strauß (Sohn) galt G. als der bedeutendste lebende Komponist der Monarchie. Zahlreiche Auszeichnungen, insbesondere zum 70. und 80. Geburtstag, legen Zeugnis seiner Wertschätzung ab. 1910 begann G. seine unvollendet gebliebenen, posthum als Fragment veröffentlichten Memoiren niederzuschreiben. Er war bis zuletzt schöpferisch tätig.

Weitere W. (s. auch MGG II): Opern: Merlin, 1886, Das Heimchen am Herd, 1896, Die Kriegsgefangene, 1899, Götz von Berlichingen, 1902, Ein Wintermärchen, 1908. – Orchesterwerke: Ländliche Hochzeit, 1876, Violinkonzert, op. 28, 1877, 2. Symphonie, 1888, Im Frühling, 1888. – Kammermusik; Klavierwerke; Lieder und Chöre.
L.: Grove, 1980, 2001; MGG I, II (mit Bild und W.); NDB; oeml; K. Goldmark, Erinnerungen aus meinem Leben, 1922; H. Schwarz, I. Brüll und sein Freundeskreis, 1922, passim (mit Bild); M. Kálmán, G. Károly, 1930; S. K. Klempa, G. az ember, 1930; L. Koch, K. G. 1830–1930, 1930; M. Káldor – P. Várnai, G. Károly, 1956; H. Graf, C. G., phil. DA Wien, 1994; J. Hofer, C. G., 2015.
(Th. Aigner)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)