Grauß Alois, Politiker, Land- und Gastwirt. Geb. Jenbach (Tirol), 18. 6. 1890; gest. Rotholz (Tirol), 29. 11. 1957 (begraben: St. Margarethen bei Buch in Tirol); röm.-kath. Sohn des Jenbacher Sensenfabrikanten Norbert Grauß und dessen Frau Maria Grauß, geb. Esterhammer, Bruder des Abts von St. Georgenberg-Fiecht Prälat Albert (Gottfried) Grauß OSB (geb. Jenbach, 21. 4. 1895; gest. Fiecht, Tirol, 29. 12. 1973), Schwiegervater des Nationalratsabgeordneten (1962–86) und Direktors des Tiroler Bauernbunds (ab 1976) Dipl.-Ing. Dr. Alois Leitner; ab 1923 verheiratet mit der Bauern- und Wirtstochter Therese Grauß, geb. Dick (geb. Saalfelden / Saalfelden am Steinernen Meer, Salzburg, 18. 8. 1897; gest. Innsbruck, Tirol, 6. 9. 1944; röm.-kath.). – G. absolvierte die Fortbildungs- und Handelsschule in Mehrerau bei Bregenz, die Landwirtschaftliche Schule Rotholz sowie die Hotelfachschule in Innsbruck. Ab Oktober 1911 leistete er den dreijährigen Präsenzdienst beim 2. Tiroler Kaiserjägerregiment ab und verblieb während des Kriegs bei dieser Einheit; vom Frühjahr 1916 bis Herbst 1918 stand er an der Südwestfront im Feldeinsatz. Nach dem Krieg engagierte sich G., der zusammen mit seiner Frau den elterlichen Esterhammer-Hof samt dem dazugehörigen Gasthof in Rotholz bewirtschaftete, beim Tiroler Bauernbund als Funktionär und in der Politik. Über viele Jahre leitete er bis 1938 als Obmann die Bezirksbauernkammer Schwaz, 1936–38 war er Obmann der Bauernsparkasse Innsbruck. 1929–34 saß G. als Abgeordneter für die Volkspartei im Tiroler Landtag. Er zählte zum gemäßigten Flügel des Bauernbunds, der der Heimwehr (in Tirol Heimatwehr genannt) mit ihren zunehmend faschistischen Ambitionen kritisch gegenüberstand. Als ehemaliger Bauernbundfunktionär wurde G. während der NS-Zeit gemaßregelt und im August 1944 – nach dem Attentat vom 20. Juli – verhaftet und im Lager Reichenau in Innsbruck inhaftiert. Seine Frau überlebte die nervliche Anspannung nicht und starb kurz vor der Haftentlassung ihres Mannes. Von diesem Schicksalsschlag getroffen, hielt sich G. nach dem Krieg politisch vorerst zurück. Er agierte als stellvertretender und geschäftsführender Obmann des Tiroler Bauerbunds und saß ab November 1945 als ÖVP-Mandatar erneut im Tiroler Landtag. Im Dezember 1948 wurde er zum Bundesobmann des Tiroler Bauernbunds gewählt. Als Ende Jänner 1951 Landeshauptmann Alfons Weißgatterer, ein Bauernbündler und persönlicher Freund G.ʼ, unerwartet verstarb, sah es der innerparteilich mächtige Bauernbund als sein Gewohnheitsrecht an, den Landeshauptmann aus seinen Reihen zu stellen. So wurde G. Ende Februar 1951 vom Landtag zum Landeshauptmann von Tirol gewählt. Nach den Landtagswahlen im Oktober 1953 erneut in dieser Funktion bestätigt, erfolgte im Dezember 1954 auch die Wiederbestellung G.ʼ als Obmann des Tiroler Bauernbunds. Seine Ära als Landeshauptmann stand ganz im Zeichen des Wiederaufbaus und der Grundversorgung der Bevölkerung, stärkere Akzente setzte er in der Südtirolpolitik. In Erinnerung bleibt ein öffentlichkeitsscheuer, tiefreligiöser, stark dem bäuerlichen Denken verhafteter sowie als durchaus integer bewerteter Politiker. Angesichts einer schweren Erkrankung verzichtete G. nach der Landtagswahl im Oktober 1957 auf eine Wiederkandidatur als Landeshauptmann.