Haas, Robert (1898–1997), Photograph, Drucker, Graphiker, Kalligraph und Elektrotechniker

Haas Robert, Photograph, Drucker, Graphiker, Kalligraph und Elektrotechniker. Geb. Wien, 16. 4. 1898; gest. Valhalla, NY (USA), 5. 12. 1997; mos. Sohn von Daniel Haas und dessen Frau Ernestine Haas, geb. Pick. – H. studierte 1918–24 Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Wien (II. Staatsprüfung 1924) und belegte daneben 1918–23 den Kurs für Ornamentale Schrift und Heraldik bei →Rudolf von Larisch an der Wiener Kunstgewerbeschule sowie ab 1920 an der Akademie der bildenden Künste (nicht nachweisbar). 1922 entstand gemeinsam mit →Carry Hauser das Kunstbuch „Ein Tischzucht“ von Hans Sachs. Zusammen mit Hauser und Fritz Siegel gründete er im Juli 1925 die Officina Vindobonensis, eine künstlerische Druckwerkstatt, ausgestattet mit einer Handpresse. In der Folge arbeitete er mit Mitgliedern des Hagenbunds wie Franz Lerch, Ludwig Heinrich Jungnickel und Erwin Lang zusammen und entwickelte zwischen 1926 und 1935 fünf Druckschriften, u. a. die sogenannte Haas-Fraktur (später Helen-Fraktur). Als Graphiker entwarf er gebrauchsgraphische Arbeiten wie etwa Plakate für die Secession, den Hagenbund oder das Künstlerhaus, Bucheinbände sowie Signets. 1929–31 erhielt H. eine Ausbildung bei der Atelierphotographin Trude Fleischmann in Wien. Zwischen 1933 und 1938 entstanden zahlreiche Photoreportagen für Zeitschriften und Zeitungen wie „Der Sonntag“ oder „Die Bühne“, 1933/34 eine Photodokumentation der Rüstungen der k. k. Hofjagd- und Rüstkammer. 1935–37 dokumentierte H. die Salzburger Festspiele, für die er ab 1936 als offizieller Photograph akkreditiert war. 1937 folgte ein Entwurf und die Anfertigung des zu seiner Zeit weltgrößten Photopanoramas (Großglockner-Hochalpenstraße) für den von Oswald Haerdtl gestalteten österreichischen Pavillon auf der Pariser Weltausstellung sowie eine Photodokumentation über die Stahlwerke in Donawitz und Ternitz. Im September 1938 floh H. vor dem nationalsozialistischen Regime nach London, 1939 emigrierte er nach New York. In den USA erhielt er 1939/40 Lehraufträge als Druckkünstler und Photograph in reformorientierten Kunst-Colleges. 1940 unternahm er eine ausgedehnte Reise durch die Vereinigten Staaten, auf der eine große Anzahl von Aufnahmen im Stil der „straight photography“ entstand. Des Weiteren fertigte er Porträts, z. B. von Oskar Kokoschka und Albert Einstein, sowie Stadt- und Alltagsaufnahmen in New York. Nach Kriegseintritt der USA Ende 1941 wurde er als „enemy alien“ mit Photographierverbot belegt. Im selben Jahr gründete H. die künstlerische Druckwerkstatt Ram Press in New York und war fortan hauptsächlich als Drucker für Plakate, Signets, Kataloge und Bücher tätig. Dabei arbeitete er u. a. mit dem Guggenheim Museum, dem Museum of Modern Art oder der Frick Collection zusammen. 1944 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft und unterrichtete bis 1967 an der Cooper Union Art School in New York Kalligraphie und Typographie und in den 1970er-Jahren an mehreren Colleges und Universitäten in New York und New Jersey. 1986 erfolgte die Auflösung der Ram Press. H.’ Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen gewürdigt, so 1983 im Österreichischen Museum für angewandte Kunst in Wien, 1984 an der Fairleigh Dickinson University in New Jersey. 1985 fand eine Schau seiner Werke in der Public Library in San Francisco und im Klingspor-Museum in Offenbach am Main, 1993 in der Galerie Work Art in Graz und 2016 im Wien Museum statt.

L.: Die Bühne 7, 1930, H. 277, S. 11ff. (mit Bild); R. H. Schrift, Druck, Photographie, ed. H. Egger, Wien 1983 (Kat.); Übersee. Flucht und Emigration österreichischer Fotografen 1920–40. Exodus from Austria. Emigration of Austrian Photographers 1920–40, ed. A. Auer, Wien 1998, S. 128f. (Kat.); T. Starl, Lexikon zur Fotografie in Österreich 1839 bis 1945, 2005; A. Holzer, in: Fotogeschichte 35, H. 135, 2015, S. 31ff.; R. H. Der Blick auf zwei Welten, ed. A. Holzer – F. Kreutler, Wien 2016 (Kat.); B. Denscher, in: Austrian Posters. Beiträge zur Geschichte der visuellen Kommunikation (nur online, Zugriff 13. 4. 2017); T. Starl, Bio-Bibliografie zur Fotografie in Österreich (nur online, Zugriff 13. 4. 2017); ABK, TU, Universität für angewandte Kunst, alle Wien.
(F. Kreutler)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)