Haas Rudolf, Schriftsteller und Jurist. Geb. Mies, Böhmen (Stříbro, CZ), 28. 6. 1877; gest. Villach (Kärnten), 25. 8. 1943. Sohn des Oberlandesgerichtsrats Theodor Haas und von Antonia Haas. – Nach der Matura am Gymnasium in Eger 1896 studierte H. an der deutschen Universität Prag (Dr. iur. 1902). Danach war er im gehobenen Beamtendienst der k. u. k. Staatseisenbahngesellschaft tätig, 1903–12 in der Direktion Wien, danach in der Direktion Villach. Für die von ihm organisierten Soldatentransporte an die italienische Front bzw. für deren Rückbeförderung zu Ende des 1. Weltkriegs wurde er ausgezeichnet. 1925 trat Oberbahnrat H. aus freien Stücken in den Ruhestand, um sich auf die schriftstellerische Tätigkeit zu konzentrieren. Er publizierte ab 1900 in der Prager „Bohemia“. Sein erster Roman „Der Volksbeglücker“ erschien 1910. Bekanntheit erlangte H. mit dem Entwicklungsroman „Matthias Triebl“ (1915). „Triebl der Wanderer“ (1916) und „Auf lichter Höhe“ (1922) erweiterten den Stoff zur Trilogie, als Ergänzung folgte „Triebl-Streiche“ (1929). Ein Großteil der Werke erschien im deutschnationalen Leipziger Verlag Staackmann. Neben Romanen verfasste H. auch Erzählungen („Verirrte Liebe“, 1917; „Bergbauern“, 1939), Novellen („Die Stimme des Berges“, 1924), Dramen („Der Schelm von Neuberg“, 1919) sowie mit „Waltrada“ (1927) einen „Sang vom Millstättersee“ (so der Untertitel). Nach dem Untergang der Monarchie und der Etablierung der Tschechoslowakischen Republik unterstützte H. im dortigen Nationalitätenkonflikt die deutsche Seite („Heimat in Ketten“, 1924; „Reinheit und Gemeinheit“, 1932), der Roman „Diktatur“ (1923) war in der Tschechoslowakei verboten. Damit gehörte H. zu den ideologischen Wegbereitern der Annexion tschechoslowakischen Territoriums im Oktober 1938 durch das NS-Regime und der nachfolgenden Errichtung des Reichsgaus Sudetenland. Mit seiner Wahlheimat Kärnten befasst sich die aus den Bänden „Der lange Christoph“ (1930), „Der Blutjäger“ (1935) und „Der stumme Konrad“ (1936) bestehende historische Trilogie. Der Roman „Mutter Berta“ (1940) schildert die Geschichte einer Kärntner Bäuerin, welche im 1. Weltkrieg drei Söhne verliert, sich dem Nationalsozialismus anschließt und ihren Hof bis zur NS-Machtübernahme gegen alle Anfeindungen verteidigt. Die positive Darstellung der im „Dritten Reich“ beschworenen Frauentugenden brachte den Roman – wie andere Werke des Autors – auf Förderungslisten und machte ihn zu einem Bestseller (Gesamtauflage 1944: 130.000). Bereits vor 1938 in der NS-Literaturszene gut vernetzt, war H. nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich als Landesleiter der Reichsschrifttumskammer Kärnten im Gespräch. Nachdem aber seine einstige Mitgliedschaft in der Prager Vereinigung Schlaraffia publik geworden war, nahm man davon Abstand. Seiner Popularität tat dies keinen Abbruch, er galt als sudetendeutscher Vorzeigeautor („Vor der Heimholung ins Reich“, 1940), nahm an literarischen Großereignissen teil, u. a. 1938 an der 10. Berliner Dichterwoche, die der „Sudetendeutschen Dichtung der Zeit“ gewidmet war, und 1942 am 4. Großdeutschen Dichtertreffen in Weimar. Nach 1945 standen in Deutschland drei seiner Werke auf dem Index („Mutter Berta“, „Heimat in Ketten“, „Vor der Heimholung ins Reich“), in Österreich kein einziges.