Haberlandt, Herbert Eduard (1904–1970), Mineraloge und Chemiker

Haberlandt Herbert Eduard, Mineraloge und Chemiker. Geb. Mödling (Niederösterreich), 3. 6. 1904; gest. Wien, 9. 6. 1970; evang. AB. Enkel des Hochschulprofessors →Friedrich Haberlandt, Sohn von →Michael Haberlandt und Carola (Carlotta, Lola) Haberlandt (geb. Triest / Trieste, I, 22. 6. 1865). – Nach Besuch des humanistischen Gymnasiums in Wien-Döbling studierte H. an der Universität Wien Mineralogie und Petrographie sowie Geologie, Chemie und Physik; 1928 Dr. phil. Als Schüler von →Friedrich Johann Karl Becke und →Alfred Himmelbauer war er bereits während des Studiums als Demonstrator am Mineralogisch-Petrographischen Institut tätig. 1930–33 fungierte er als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Mineralogie und Baustoffkunde 2 an der TH in Wien, danach untersuchte er als freier wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wiener Institut für Radiumforschung Lumineszenzerscheinungen von Mineralen. 1936 wurde er als wissenschaftliche Hilfskraft, 1940 als Assistent am Mineralogischen Institut der Universität Wien angestellt. 1942 beantragte er die Venia legendi, erhielt zwar nach einem ordnungsgemäßen Habilitationsverfahren das Diplom Dr. phil. habil., das weitere Verfahren wurde aber blockiert, nicht zuletzt weil H. sich offen gegen die nationalsozialistische Weltanschauung stellte. 1945 erhielt er die Lehrbefugnis für Mineralogie und las u. a. Einführungen in die Lagerstättenkunde, Geochemie und Erzmikroskopie; 1948 ao. Prof. Daneben war H. als Kustos der Mineraliensammlung erfolgreich: Er reorganisierte und erweiterte die Institutssammlung, die vor allem unter den Wirren der letzten Kriegstage gelitten hatte. Auf seine Anregung hin wurden für die systematische Sammlung fehlende Objekte erworben. Ende 1958 trat er in den Ruhestand. Aus der Zeit seiner Tätigkeit an der TH stammt eine Reihe von Veröffentlichungen zu Themen der technischen Gesteinskunde, wie Sonnenbrennereigenschaften von Basalten, Kennzeichnung von Gesteinsoberflächen, Verwitterungsstudien am Wiener Stephansdom und an Marmorverkleidungen, eine Studie über die Anwendung von UV-Lampen zur Untersuchung von Marmoren, Beobachtungen an Bausteinmaterialien von Brückenpfeilern und zum Travertin als Verkleidungsstein von Bauten. Ein Bautenschutzthema, das die Verfärbung von Kalkstein und Marmor zum Gegenstand hatte, und zwei Arbeiten über die Verfärbung von Marmor im Joddampf sind ebenfalls erwähnenswert. Der Kontakt mit der technischen Gesteinskunde blieb ein Einzelfall seiner wissenschaftlichen Aktivitäten. Analytisch und synthetisch wurden von ihm die beiden Seltenerd-Elemente Europium und Ytterbium in ihrem zweiwertigen Zustand als Aktivatorelemente erkannt, das Europium als Ursache für die blaue Ultraviolett-Lumineszenz bei normaler Temperatur und das Ytterbium für eine grüne bei Tieftemperatur. Darüber hinaus leistete H. bedeutende Beiträge zur Erforschung der Lumineszenzeigenschaften von Mineralen, wie von Apatit und diversen Phosphaten, Zirkon, Topas, Mineralen der Skapolith-, Feldspat- und Sodalith-Reihe, Steinsalz, Scheelit, Wulfenit, Sphalerit, sowie Sulfaten und Karbonaten und letztendlich auch von uranhaltigen Mineralen und organischen Verbindungen. Besondere Beachtung fand zur Zeit der Anfänge der organischen Geochemie der Nachweis lumineszierender Kohlenwasserstoffe in sedimentär-hydrothermalen Paragenesen, vor allem von lumineszierenden Porophyrinkomplexen in rotgefärbten Kalkspäten von (Bad) Deutsch-Altenburg und anderen vergleichbaren Landschaften. H. war an der Einführung des Fachgebiets Geochemie in Österreich maßgeblich beteiligt. Seine wissenschaftliche Arbeit stand an der Wende von der experimentellen Mineralchemie, mit deren Hilfe →Cornelius Doelter y Cisterich und →Emil Dittler die Bildung der Minerale zu erklären suchten, hin zur umfassenden chemischen und physikalischen Analyse der Mineralparagenese und den fundamentalen Erkenntnissen der Geochemie. Rege internationale Kontakte zu Fachkollegen in München, Göttingen oder Washington D.C. bezeugen seine internationale Anerkennung. 1938 erhielt er den Haitinger-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1951 den Fritz-Feigl-Preis der Österreichischen Gesellschaft für Mikrochemie.

W.: s. Schroll-Pertlik.
L.: Almanach 88, 1939, S. 141; R. Teichl, Österreicher der Gegenwart, 1951; E. Schroll – F. Pertlik, H. E. H.: ein Pionier der Geochemie in Österreich …, in: Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft 146, 2001, S. 435–447 (m. W.); UA, Wien.
(F. Pertlik)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)