Hamik, Anton Josef; Ps. Streicher Franz (1887–1943), Schriftsteller und Schauspieler

Hamik Anton Josef, Ps. Streicher Franz, Schriftsteller und Schauspieler. Geb. St. Pölten (Niederösterreich), 24. 10. 1887; gest. Wien, 24. 1. 1943; röm.-kath. Sohn des Direktors der Hilfsämter der Polizeidirektion Wien Anton Hamik. – 1889 übersiedelte die Familie nach Wien, wo H. die Realschule sowie anschließend eine zweijährige Schauspielerausbildung an der Theaterschule Otto absolvierte; es folgten Engagements in Olmütz (Olomouc), Brünn (Brno), Klagenfurt und Wien (Theater in der Josefstadt). Im 1. Weltkrieg zunächst Sanitäter, wurde er im September 1915 schwer verwundet, danach als frontuntauglich nach Graz überstellt. Dort wirkte er – vom Militärdienst befreit – als Schauspieler und Regisseur der Städtischen Bühnen Graz. Anfang der 1920er-Jahre dürfte seine (undatierte) Bearbeitung der Manöverszene „Soldatenleben im Frieden“ von →Egon Friedell und Alfred Polgar (Original 1908) entstanden sein. Ab ca. 1925 war H. beim Radiosender Graz in der Unterhaltungs- und Hörspielabteilung tätig, wo er zahlreiche eigene Hörspiele, u. a. „William Shakespeare als Ansager vor dem Mikrophon“ (1925) und „Varieté“ (1930), sowie Funkbearbeitungen bekannter Dramenvorlagen („Der Halsabschneider“ nach Lope de Vega, 1925; „Tüchtiger, redegewandter Herr“ nach Arkadij Awertschenko, 1930) gestaltete; den Erfolgsroman „David Golder“ der russisch-französischen Autorin Irène Némirowsky arbeitete er (gemeinsam mit Fernand Noziéres, 1931) in ein Drama um. Insgesamt verantwortete er ca. 200 Sendungen, die zum Teil auch von anderen Rundfunkstationen des deutschen Sprachraums übernommen wurden. Seit 1933 Mitglied der NSDAP, wurde H. 1936 vom Grazer Sender entlassen. H., der nebenbei Schwänke verfasste (u. a. „Loch in der Wand“ mit Max Neal, um 1920, Uraufführung 1929), wandte sich daraufhin hauptberuflich der Bühne zu. Mit seinen meist im ländlichen Milieu angesiedelten Komödien (u. a. „Der Pflaumenkrieg“, 1936, „Herz am rechten Fleck“, „Der Bauernkalender“, 1938) avancierte er zu einem der bekanntesten volkstümlichen Theaterautoren des „Dritten Reichs“. Bereits vor 1938 gelangten seine in der Wiener Volkskunst-Verlagsgesellschaft publizierten Dramen in NS-Deutschland zur Aufführung, in Österreich galt er als Hausautor der Exl-Bühne. Zu den populärsten Stücken gehörten „Das Verlegenheitskind“ (unter dem Titel „Schütt’ die Sorgen in ein Gläschen Wein“ verfilmt, Premiere 1938) sowie vor allem „Der verkaufte Großvater“, der unter demselben Titel verfilmt, 1942 in die Kinos kam. Das von H. verwendete Pseudonym lehnte die Reichsschrifttumskammer wegen Verwechslungsgefahr ab, weshalb die Stücke teilweise unter seinem bürgerlichen Namen erschienen. H.s Schwänke finden sich bis heute auf den Bühnen des deutschen Sprachraums, mitunter in regionalen Dialektversionen („Härz am rächte Fläck“, 1950, bearbeitet von E. Gassmann; „D’ Grossmuetter flippt us“, 1998, bearbeitet von C. Hirrlinger). „Die lustige Wallfahrt“, entstanden nach →Peter Ros(s)eggers Novelle „Die Fahnelträgerin“, wurde unter dem Titel „Die fröhliche Wallfahrt“ 1956 verfilmt. „Der verkaufte Großvater“ stand 2000/01 in der Bearbeitung von Franz Xaver Kroetz auf dem Spielplan des Wiener Theaters in der Josefstadt (Kammerspiele).

Weitere W. (s. auch Baur – Gradwohl-Schlacher): Der Automat, 1930; Der kriminalistische Blick, 1930 (gem. mit H. Brodau); Erbhofbauer (auch: Bauer in Not), 1935; Der Hallodri, 1935; Der Lügner (nach Goldoni, übersetzt v. M. d’Arle), 1936; Sein Ferdinand, 1937; Der Bauernkalender, 1938; Die Brautfahrt zu Petersburg (nach Gogol), 1940; Die narrischen Kitteln (auch: Der Weiberputsch), 1942.
L.: Kosch; Kosch, Theaterlex.; Schriftsteller-Verzeichnis, 1942; Deutsches Bühnenjahrbuch, 1939, 1944; E. Keppelmüller, Die künstlerische Tätigkeit der Exl-Bühne in Innsbruck und Wien von 1902 bis 1944, phil. Diss. Wien, 1947, S. 281, 292, 343; E. Koch, Die Entwicklung der Exl-Bühne, phil. Diss. Innsbruck, 1961, S. 39, 121, 214f.; Kürschners deutscher Literatur-Kalender, 1973; W. Wessels, Hörspiele im Dritten Reich, 1985, S. 514; B. Drewniak, Der deutsche Film 1938–1945, 1987, S. 223, 244, 618, 639; U. Baur – K. Gradwohl-Schlacher, Literatur in Österreich 1938–1945, 1, 2008 (m. W.); Forschungsstelle Österreichische Literatur im Nationalsozialismus, Universität Graz, Steiermark.
(K. Gradwohl-Schlacher)   
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)