Hanka Václav, Dichter und Philologe. * Hořiněves (Böhmen), 10. 6. 1791; † Prag, 12. 1. 1861. Sohn eines wohlhabenden Landpächters; stud. Jus an den Univ. Wien und Prag, wandte sich dann aber der Erforschung der slaw. Sprachen zu, wurde nach Gründung des Böhm. Nationalmus, in Prag 1822 Leiter der literar. Abt., 1848 Priv. Doz. und 1849 Prof. für slaw. Sprachen an der Univ. Prag. Mitgl. zahlreicher gel. Ges. und Akad., u.a. korr. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien. H., der 1816 auf Anregung Kopitars eine Auswahl serb. Lieder (1817 veröffentlicht) übersetzt hatte, war Hauptautor der angeblich alttschech. Texte, die zwischen 1816 und 1819 „entdeckt“ worden waren: 1816 „Píseň pod Vyšehradem“ (Lied unter dem Vyšehrad), 1817 die Königinhofer Handschrift, 1818 „Libušin soud“ (Libušas Gericht), die später als Grünberger bezeichnete Handschrift, 1819 „Milostná pίseň kr. Václava“ (Liebeslied des Kgs. Wenzel). Die Handschriften wurden als Beweis für das Vorhandensein einer ursprünglichen nationalen Epik der Tschechen gewertet. So berichtet die bekannteste, die Handschrift von Königinhof, von den vom Dichter offensichtlich miterlebten Kämpfen gegen die Tataren im Olmützer Gebiet um die Mitte des 13. Jhs. Um den Beweis der Echtheit der Handschriften, an der in hohem Ausmaß schon J. Dobrovský gezweifelt hatte, für die jedoch F. Palacký entschieden eingetreten war, wurde im Verlauf des 19. Jhs. unter starker Anteilnahme der tschech. Öffentlichkeit erbittert gekämpft. Der sogenannte „Handschriftenstreit“ wurde 1886 vor allem durch die Darlegungen von Gebauer, Goll, Masaryk, Seydler und Král mit der Feststellung der vorgenommenen Fälschungen im wesentlichen beendet.