Har(d)tmuth, Joseph (1758-1816), Fabrikant und Baumeister

Har(d)tmuth Joseph, Baumeister und Fabrikant. * Asparn a. d. Zaya (N. Ö.), 13. 2. 1758; † Wien, 23. 5. 1816. Sohn eines Tischlermeisters; erhielt nur notdürftigen Schulunterricht und kam 1771 zu dem Maurermeister F. Meißl in Asparn a. d. Zaya, einem Onkel mütterlicherseits, in die Lehre. Die Freisprechung als Maurer und Steinmetz erfolgte 1774. H. folgte seinem Meister nach Wien, wo Meißl erst Stadtbaumeister, später Baumeister des Fürsten Alois Liechtenstein wurde. Nach dem Tode seines Oheims wurde H. fürstlich Liechtensteinscher Baumeister, später Baudir. H. gelangen, unter Überwindung der durch die mangelnde Vorbildung gegebenen Schwierigkeiten, einige kleinere Erfindungen, so etwa 1789 die Zusammensetzung einer neuen mineral. Masse zur Verfertigung von Speisegeschirr, 1802 die Fabrikation besonders haltbarer, gepreßter Quadersteine, 1808 die Herstellung der Tusche, 1810 die Verwertung des Bimssteines und die Fabrikation der elast. Schreibtafeln, eines künstlichen Neapelgelb etc. Die bedeutendste Schöpfung H.s aber ist die keram. Mine, durch welche eine neue Epoche in der Geschichte der Schreibbehelfe eingeleitet wurde. Statt der bis dahin zum Schreiben verwendeten reinen, später mit Schwefel oder Antimon vermischten Graphitstäbchen, mengte er Graphit mit Ton und erzielte durch Brennen bei verschieden hohen Temperaturen verschiedene Härtegrade der Masse. Diese Erfindung bildet noch heute die Basis der Bleiminenerzeugung in aller Welt. Ein 1790 zur Erzeugung von Geschirr — sogenanntes Wr. Steingut — errichtetes Unternehmen, mit einer angeschlossenen Erzeugung von Bleistiften, Schwarzkreide und Röteln, wurde 1795 in den Alsergrund verlegt und unter der alleinigen Leitung H.s vom Einfluß fremder Geldgeber und Gesellschafter freigemacht. Nach dem Tode H.s führte seine Witwe Elisabeth mit den Söhnen Ludwig und Carl das Unternehmen weiter, das 1827 unter dem Namen L. & C. Hardtmuth protokolliert wurde. Carl H. (1804–81), wurde 1873 nob. Joseph H.s Enkel, Franz v. H. (1832–96) ist der Schöpfer des „Koh-i-noor“ Stiftes, eines besonderen Zeichenstiftes, der statt der bisherigen bei Bleistiften üblichen 6 Gradationen erstmalig 17 Härtestufen, in einer genau festgelegten Härteskala, hatte. Auch dieser Stift wurde Vorbild für alle später geschaffenen Spitzenfabrikate der Bleistiftindustrie.

W.: Ehemaliges Liechtenstein-Palais, Wien I., Herrengasse; Parktor am Sommerpalais Liechtenstein, Wien IX., Fürstengasse; Mitarbeit am Ausbau von Eisgrub und anderen Liechtensteinschen Herrschaften.
L.: Wr.Ztg. vom 16. 4. 1954; Presse vom 12. 2. 1958; Hormayrs Archiv 1829, S. 793; Thieme–Becker; Die bild. Kunst in Österr. 6; Geschichte der Stadt Wien, N.R. 7/2, 1955; Wurzbach; ADB; Großind. Österr., Bd. 2, S. 49 f.; Exner, Gewerbe und Erfindungen, S. 420; Archiv für Geschichte der Technik, Biographien; Mitt. der Firma L. & C. H., Wien.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 7, 1958), S. 187
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