Hartmann, Eduard (1904–1966), Politiker und Landwirtschaftsfachmann

Hartmann Eduard, Politiker und Landwirtschaftsfachmann. Geb. Laxenburg (Niederösterreich), 3. 9. 1904; gest. Wien, 14. 10. 1966; röm.-kath. Sohn des Realitätenbesitzers Eduard Hartmann (geb. Laxenburg, 2. 10. 1872) und der Marie Hartmann, geb. Haidekker (geb. Ercsi, H, 1. 9. 1881); ab 1930 verheiratet mit Helene Hartmann, geb. Brenner. – Nach dem Landwirtschaftsstudium an der Wiener Hochschule für Bodenkultur (Dipl.-Ing. 1927) begann H. seine berufliche Laufbahn bei der Österreichischen Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft, zunächst als Sekretär und landwirtschaftlicher Referent und ab 1936 als Geschäftsführer. In diese Zeit fiel auch seine erste genossenschaftliche Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Gemüsegenossenschaft der Wiener Gärtner. Daneben betätigte sich H. als Verfasser zahlreicher Fachartikel sowie als Redakteur der „Mitteilungen der Österreichischen Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft“. Als nach dem „Anschluss“ 1938 die Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft aufgelöst wurde, beauftragte man H. mit deren Abwicklung. Im August desselben Jahres nahm er eine Stellung als Sachbearbeiter in der Landesbauernschaft Donauland des Reichsnährstands in Linz an, von wo aus er 1942 zum kommissarischen Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft der Landesbauernschaft Niederdonau in Wien befördert wurde. Zu dieser Zeit äußerte sich H. im „Wochenblatt der Landesbauernschaft Donauland“ öfter zu Steuerfragen. Gegen Kriegsende begann er gemeinsam mit seinem Studienfreund Leopold Figl und anderen, den Niederösterreichischen Bauernbund und die Landwirtschaftskammer in Niederösterreich wiederzuerrichten. Im Juni 1945 wurde H. zum stellvertretenden Kammeramtsdirektor der Landeslandwirtschaftskammer Niederösterreich ernannt. Der bis dahin politisch wenig exponierte H. übernahm 1946 den Direktorenposten des Niederösterreichischen Bauernbunds und damit sein erstes politisches Amt. Neben seiner Funktionärs- und politischen Tätigkeit trat H. auch durch intensive publizistische Arbeit hervor: 1945–50 betreute er die niederösterreichische Kammerzeitschrift „Die Landwirtschaft“ als Schriftleiter, war als Bauernbunddirektor gleichzeitig Chefredakteur der Wochenzeitung „Der Österreichische Bauernbündler“ und leitete den Österreichischen Agrarverlag. Ab 1950 war H. zudem Mitherausgeber der „Agrarischen Rundschau“ und wirkte an der Gründung des Agrarischen Informationszentrums (AIZ) mit. H., der 1949–63 im Nationalrat saß, war auch maßgeblich an der damaligen Agrargesetzgebung beteiligt, die den Übergang von der Zwangsbewirtschaftung der unmittelbaren Nachkriegszeit inklusive Einsatz der Mittel des European Recovery Program (ERP) hin zur Marktwirtschaft regelte. 1959–64 fungierte H. als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft. Das sogenannte Landwirtschaftsgesetz vom Juli 1960, das sich die Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden Bauernstands in der Industriegesellschaft zum Ziel setzte, galt als ein Höhepunkt von H.s politischem Wirken. Die darin zum Ausdruck gebrachte Verbindung von wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Fragen kann als charakteristisch für sein Denken angesehen werden. In den Folgejahren gelang es ihm, mit dem sogenannten Grünen Plan die Mittel für Strukturmaßnahmen in der Landwirtschaft deutlich zu erhöhen. Auch der Berghöfekataster, die Grundlage der Bergbauernförderung, wurde in seiner Amtszeit fertiggestellt. 1962 wurde H. zum Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisenverbands gewählt. Sowohl als Minister als auch als Generalanwalt pflegte er intensiven Kontakt ins Ausland und setzte sich für gemeinsame europäische Lösungen ein. Nach Figls Tod 1965 wurde H. vom niederösterreichischen Landtag einstimmig zu dessen Nachfolger als Landeshauptmann gewählt. Als solcher begann er mit der Einleitung von Gemeinde- und Schulstrukturreformen in Niederösterreich. Allerdings war diese Periode überschattet durch den Korruptionsskandal um den Newag-Niogas-Chef Viktor Müllner.

W.: Das Bauerntum in der Industriegesellschaft, in: Zeitschrift für Politik 9, H. 2, 1962.
L.: T. Kraus, E. H., 1977; R. Wichta, Zeitgenossen über E. H., 1989; A. Haas, E. H., 2003; Niederösterreichisches Landesarchiv, St. Pölten, Pfarre Laxenburg, beide Niederösterreich.
(U. Schwarz)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)