Hasenöhrl, Friedrich (1874-1915), Physiker

Hasenöhrl Friedrich, Physiker. * Wien, 30. 11. 1874; † Vielgereuth (Südtirol), 7. 10. 1915 (gefallen). Sohn des Folgenden; erhielt seine Gymnasialausbildung am Theresianum in Wien, wo er als Schüler von A. Höfler schon seine erste mathemat. Abhandlung publizierte. 1892 Reifeprüfung mit Auszeichnung (Goldene Kaiserpreis-Medaille als bester Zögling der Anstalt). 1892–97 Stud. der Physik und Math. an der Univ. Wien unter Stefan, Boltzmann (s. d.), Exner und Gegenbauer (s. d.), 1898/99 Ass. am Kältelaboratorium in Leyden, wo er unter den beiden späteren Nobelpreisträgern Kamerlingh-Onnes und H. A. Lorentz arbeitete und unter dem Einfluß des letzteren sich sodann gänzlich dem Gebiet der theoret. Physik zuwendete. Ende 1899 Habilit. an der Univ. Wien; 1905–07 ao. Prof. für Physik an der Techn. Hochschule Wien; 1907–15 als Nachfolger von Boltzmann o. Prof. und Vorstand des Inst. für theoret. Physik an der Univ. Wien. Korr. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien. Im Sommer 1914 rückte H. freiwillig zum Heeresdienst ein und fiel an der Spitze seiner Kompanie an der Südtiroler Front. H.s mit großer Liebe und Sorgfalt ausgearbeitete Vorlesungen vereinigten wiss. Strenge mit bemerkenswerter Klarheit. Dementsprechend war seine Lehrtätigkeit trotz ihrer jähen Beendigung durch den Ersten Weltkrieg besonders fruchtbar, denn aus seiner Schule ging nicht nur der Begründer der Wellenmechanik Schrödinger (Nobelpreisträger 1933) hervor, sondern auch eine große Anzahl von Gelehrten, die bald nach Kriegsende an Hochschullehrkanzeln des In- und Auslands berufen wurden, wie z. B. Flamm, Herzfeld, Kottler, Rella, Thirring und Wolf. Unter den 38 wiss. Arbeiten ragt der in den Sbb. Wien 1904 erschienene Artikel „Zur Theorie der Strahlung bewegter Körper“ besonders hervor, in dem zum ersten Mal in der Geschichte der Physik die Erkenntnis gewonnen wurde, daß nicht nur die aus Atomen bestehende Materie, sondern auch elektromagnet. Strahlung im völlig leeren Raum die Eigenschaft aufweise, eine träge Masse zu besitzen. Erst ein Jahr später, 1905, veröffentlichte Einstein seine welthist. gewordene Erkenntnis von der allgemeinen Äquivalenz von Masse und Energie, die H.s Satz (von dem Einstein erst später erfuhr) als einen Spezialfall in sich schließt.

W.: Über ein Problem der Potentialtheorie (Habilitationsschrift), in: Sbb. Wien, math. nat. Kl., Bd. 108, 1901, S. 1667; Über die Grundgleichungen der elektromagnet. Lichttheorie für bewegte Körper, ebenda, Bd. 111, 1902, S. 1525; Über die Veränderung der Dimensionen der Materie infolge ihrer Bewegung durch den Äther, ebenda, Bd. 113, 1904, S. 469; Zur Theorie der Strahlung bewegter Körper, ebenda, S. 1039, und in: Annalen der Physik (4), 15, 1904, S. 344; Berichtigung, ebenda, (4), 16, 1905, S. 589; Zur Theorie der stationären Strahlung in einem gleichförmig bewegten Hohlraume, ebenda (4), 22, 1907, S. 791; Zur Thermodynamik bewegter Systeme, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 116, 1907, S. 1391, Bd. 117, 1908, S. 209; Über die Umwandlung kinet. Energie in Strahlung, in: Verh. der Dt. Physikal. Ges., 11, 1909, S. 501, und in: Physikal. Z. 10, 1909, S. 829; Berichte über die Trägheit der Energie, in: Jb. der Radioaktivität und Elektronik, 6, 1909, S. 485; Über den Widerstand, welchen die Bewegung kleiner Körperchen in einem mit Hohlraumstrahlung erfüllten Raume erleidet, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 119, 1910, S. 1327; Über die Grundlagen der mechan. Theorie der Wärme, in: Verh. der Dt. Physikal. Ges. 13, 1911, S. 756, und in: Physikal. Z. 12, 1911, S. 931; etc. Hrsg.: Wiss. Abh. von L. Boltzmann, 3 Bde., 1909.
L.: Wr.Ztg. vom 25. 3. 1916; Physikal. Z. 16, 1915, S. 429–33 (mit Werksverzeichnis); Vierteljahrsber. des Wr. Ver. zur Förderung des physikal. und chem. Unterrichts, 1916, H. 1; Ph. Lenard, Große Naturforscher, 2. Aufl. 1930, S. 316–24; Almanach Wien, 1916; Poggendorff 4, 5; Feierl. Inauguration, 1916/17.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 8, 1958), S. 200f.
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