Hauser, Carry (Carl Maria); Ps. Ceha, Oculus (1895–1985), Maler, Graphiker, Bühnenbildner und Schriftsteller

Hauser Carry (Carl Maria), Ps. Ceha, Oculus, Maler, Graphiker, Bühnenbildner und Schriftsteller. Geb. Wien, 16. 2. 1895; gest. Rekawinkel (Niederösterreich), 28. 10. 1985 (begraben: Wien-Hietzing, Ehrengrab). Sohn von Regierungsrat Karl Hauser, Beamter im Außenministerium, und Maria Hauser, geb. Linke; ab 1922 verheiratet mit →Gertrud Herzog-Hauser. – Nach Besuch des Gymnasiums studierte H. 1910–12 an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, 1912–14 an der Kunstgewerbeschule bei Adolf Boehm, →Anton von Kenner und →Oskar Strnad, brach sein Studium aber ab und diente als Einjährig-Freiwilliger im 1. Weltkrieg. Zuerst kriegsbegeistert, wurde er durch die Erfahrung der Kriegsgräuel Pazifist und zeigte 1918 eine Kollektion expressiver Antikriegsbilder bei der Regimentsausstellung in Troppau, wo er →Franz Theodor Csokor traf, mit dem ihn in der Folge eine lebenslange Freundschaft verband und für den er etliche Bühnenbilder gestaltete. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie agierte H. künstlerisch im Umfeld der internationalen Avantgarde Zentraleuropas. Inspiriert durch expressive Tendenzen, tschechischen Kubismus und den vorherrschenden Primitivismus, präsentierte er 1919 eine vom Publikum als skandalös empfundene Kollektion kubo-futuristischer Aktbilder (Die Umworbene, 1919) bei seiner ersten Personale im Haus der Jungen Künstlerschaft (ehemalige Galerie Miethke) in Wien. Im selben Jahr publizierte der Galeriedirektor Arthur Roessler im Avalun Verlag das Mappenwerk „Die Insel“. In Auseinandersetzung mit Johannes Itten, Josef Matthias Hauer und dem Aktivismus der ungarischen Exilkünstler um Lajos Kassák sowie der Zeitschrift „MA“ in Wien adaptierte er Elemente der geometrischen Abstraktion. 1919–22 engagierte sich H. als Leitungsmitglied der Künstlervereinigung Freie Bewegung und beteiligte sich an Ausstellungen in Österreich und Deutschland (Berlin, Hamburg, Dresden), 1922 und 1924 zeigte die Wiener Galerie Würthle Personalen. Als Buchkünstler reflektierte er politische Ereignisse, wie revolutionäre Unruhen infolge der Hungerstreiks in Wien nach dem 1. Weltkrieg, sowie Inhalte der Psychoanalyse und der Traumdeutung, u. a. im „Nächtebuch“, einer Folge von 100 Traumzeichnungen. 1920 hielt er sich in Berlin auf und rezipierte das veristische Stilvokabular von George Grosz. Vom Publikum in Wien angefeindet, lebte H. zeitweise in Hals bei Passau (Madonna vor der Stadt, 1921), wo er mit Georg Philipp Wörlen befreundet war. Daneben aquarellierte und schrieb er Bücher in einzigartiger Synergie von Schrift und Bild, wie das „Buch von der Stadt“ (1921). In seinem Gemälde „Das Opfer / Ecce Homo“ (1922–23) thematisierte er politischen Mord und Verfolgung im christologischen Kontext. Von nun an charakterisierten psychologisch ambivalente Bildideen seine Nähe zum Magischen Realismus. Entgegen konservativen Strömungen vertrat er in seiner Malerei konsequent und kosmopolitisch das Weltbild der Moderne, z. B. in den Bildern „Jazzband“ (1927) und „Lisl Goldarbeiter – Miss Universe“ (1929). Um den Nationalsozialismus zu bekämpfen, engagierte er sich ab 1933 als Bundestreuhänder für bildende Kunst in der Vaterländischen Front. 1938 verhängte die Reichskunstkammer über ihn ein Berufs- und Ausstellungsverbot, 1939 floh er in die Schweiz, einer Berufung nach Melbourne folgend. Der Kriegsausbruch verhinderte jedoch die Weiterreise und er verbrachte die Exiljahre getrennt von seiner Familie in Zürich. Erst 1947 kehrte H. nach Wien zurück, wo er wenig Anerkennung fand und zunächst nur durch Viktor Matejka gefördert wurde. Ab 1952 arbeitete er als Generalsekretär, später als Vizepräsident des Österreichischen P.E.N. Clubs. Die Faszination für das Leben der afrikanischen Bevölkerung, aus der Erfahrung etlicher Aufenthalte gewonnen, bildete schließlich die Substanz seines humanistisch geprägten Spätwerks in seinen Afrika-Bildern ab Mitte der 1960er-Jahre. H. erhielt 1929 die Silberne Medaille bei der Weltausstellung in Barcelona. Ab 1921 war er Mitglied der Künstlervereinigung Der Fels, ab 1923 beteiligte er sich an den Ausstellungen des Hagenbunds, dessen Mitglied er 1925–38 war (1928 Präsident, bis zur Auflösung arbeitete er im Vorstand); Ehrenpräsident des Neuen Hagenbunds und Präsidiumsmitglied der Aktion gegen Antisemitismus. 1936 wurde er mit dem Titel Professor und dem Ritterkreuz des Österreichischen Verdienstordens ausgezeichnet, 1949 erhielt er den Preis der Stadt Wien, 1979 das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse und 1985 den Ehrenring der Stadt Wien. Im selben Jahr erlebte er seine künstlerische Rehabilitation im Rahmen einer Retrospektive durch Oswald Oberhuber an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Sein Teilnachlass befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und alten Drucken).

Weitere W. (s. auch Cabuk, 2012): Selbstbildnis, 1920 (Universität für angewandte Kunst, Wien); Im Wald, 1920 (Belvedere, Wien); Selbstbildnis, 1921 (Museum moderner Kunst, Wien).
L.: AKL; ÖKL; Thieme–Becker; Vollmer; C. H. zum 90. Geburtstag. Eine Rehabilitation, ed. O. Oberhuber, Wien 1985 (Kat.); C. H. 1895–1985, ed. E. Patka, Baden bei Wien 1989 (Kat.); C. Cabuk, C. H. Das malerische und graphische Werk bis zum Jahr 1927. Seine Entwicklung im Umfeld der deutschen und österreichischen Kunst dieser Zeit, phil. Diss. Wien, 1990; C. Cabuk, C. H. Monografie und Werkverzeichnis, 2012 (mit W.); O. R. Schatz & C. H. Im Zeitalter der Extreme, ed. R. Gleis, Wien 2016 (Kat.); Universität für angewandte Kunst, Wien.
(C. Cabuk)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)