Hellmer, Karl (1834–1917), Mathematiker und Maschinenbauer

Hellmer Karl, Mathematiker und Maschinenbauer. Geb. Wien, 25. 9. 1834; gest. ebd., 22. 1. 1917; röm.-kath. Sohn eines Juweliers, Vater u. a. von Dr. Erwin Hellmer, Richter am Oberlandesgericht in Wien (geb. Brünn, Mähren / Brno, CZ, 12. 9. 1873; gest. 1930); verheiratet mit Ida Hellmer, geb. Franck von Marzányi. – H. studierte 1851–54 am polytechnischen Institut in Wien sowie 1853–56 als ao. Hörer an der Universität, u. a. bei →Josef Petzval und →Karl von Littrow. Ab Ende 1854 war er als Nachfolger →Simon Spitzers vier Jahre Assistent für Elementar-Mathematik am polytechnischen Institut. 1857 legte er die Konkursprüfung für die Stelle eines Professors für Höhere Mathematik am Joanneum in Graz ab, erhielt den Posten jedoch nicht. Ab 1858 wirkte er als Adjunkt für Experimentalphysik am Wiener polytechnischen Institut, supplierte als solcher die Lehrkanzel für Physik und lehrte Experimentalphysik in den Vorbereitungsklassen. 1860–62 fungierte er als Lehrer der Physik, Mechanik, Bergmaschinenlehre und Bergbaukunst an der Hannoveranischen Bergakademie zu Clausthal. Danach sammelte er praktische Erfahrungen in der mechanischen Werkstätte der Zuckerfabrik in Großseelowitz bei Brünn. Im Herbst 1863 wechselte H. als Assistent der Lehrkanzel für Chemie und Hüttenkunde an die Bergakademie in Schemnitz. 1864–66 hielt er als Dozent für Höhere Mathematik, Mechanik und Maschinenbau die zweijährigen Vorbereitungskurse an der Bergakademie in Leoben ab. 1866 bewarb er sich erneut erfolglos um eine Professur für Höhere Mathematik am Joanneum in Graz. Danach kehrte er als Assistent für Chemie und als Dozent der Physik nach Schemnitz zurück, wo jedoch von 1868 an sukzessive alle Lehrveranstaltungen auf den Unterricht in ungarischer Sprache umgestellt wurden, was für H. ein Problem darstellte. Ab 1869 wirkte er als o. Professor für Statik und Mechanik am Technischen Institut in Brünn, die Denomination seiner Professur wurde ein Jahr später in (technische) Mechanik und theoretische Maschinenlehre abgeändert. H. setzte sich dort umgehend – jedoch ohne Erfolg – für die Errichtung einer Universität ein. 1875 erhielt er die o. Professur der Mechanik samt analytischer Mechanik an der nunmehrigen deutschen Technischen Hochschule in Brünn, die er bis 1905 innehatte, wobei seine Lehrkanzel 1875 in eine o. Professur für Mechanik und eine ao. Professur für theoretische Maschinenlehre und -kunde geteilt worden war. Dort bekleidete H. 1871/72, 1879/80 sowie im Sommersemester 1890 das Rektorat des technischen Instituts bzw. der Technischen Hochschule, 1875–77 und 1892–94 wirkte er als Dekan der Maschinenbauschule, 1881–83 und 1887–89 als solcher der chemischen Schule sowie 1884–86 als solcher der allgemeinen Abteilung der Technischen Hochschule. H. las in Brünn über vielfältige Themen wie technische und analytische Mechanik, theoretische Maschinenlehre sowie Statik, Dynamik und Hydraulik. Publiziert wurde einzig ein längerer fachhistorischer Aufsatz zur „Geschichte der k. k. technischen Hochschule in Brünn“ (in: Festschrift der k. k. Technischen Hochschule in Brünn zur Feier ihres fünfzigjährigen Bestehens …, 1899). 1905 wurde er in den Ruhestand versetzt und erhielt Titel und Charakter eines Hofrats. 1869 wurde H. zum o. Mitglied des Vereins der Deutschen Naturforscher in Brünn gewählt, als dessen Bibliothekar er nebenberuflich 35 Jahre hindurch und als dessen Vizepräsident er 1872, 1881, 1886, 1890, 1894, 1899 sowie 1903 wirkte. 1873 war H. Mitglied der Provinzkommission für die Weltausstellung in Wien wie auch Mitglied des Gründungsausschusses des mährischen Industriemuseums und leistete als Vorsitzender der Sektion Organisationskomitee einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung dieses Museums. 1901 wurde er Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse.

L.: NFP, 23. (Abendblatt), Neues Wiener Journal, 24. 1. 1917; Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch der k. k. Berg-Akademien zu Leoben, Přibram und Schemnitz 15, 1866, S. 352, 384, 16, 1867, S. 434, 17, 1868, S. 76; Denkschrift zur fünfzigjährigen Jubelfeier der K. K. Berg-Akademie in Leoben 1840 bis 1890, 1890, S. 108, 118, 170; 150 Jahre Montanuniversität Leoben 1840–1990, ed. F. Sturm, 1990, S. 339, 486; N. Ottowitz, Der Mathematikunterricht an der Technischen Hochschule in Wien 1815–1918, 2, 1992, S. 460ff.; B. Maurer, K. Culmann und die graphische Statik, 1998, S. 383, 417; P. Šišma, Matematika na německé technice v Brně, 2002, bes. S. 78ff.; E. Willau, Die Fächer Mathematik und Darstellende Geometrie an der Montanuniversität Leoben in den ersten 130 Jahren ihres Bestehens, 2011, s. Reg.; TU, Wien.
(M. Pesditschek)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)