Hessler (Heßler), Karl (1831–1895), Versicherungsmathematiker

Hessler (Heßler) Karl, Versicherungsmathematiker. Geb. Graz (Steiermark), 5. 9. 1831; gest. Wien, 23. 1. 1895; röm.-kath. Sohn von →Ferdinand Hessler, Bruder u. a. des Musikdirektors, Dirigenten und Komponisten Friedrich Hessler (geb. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 17. 2. 1838; gest. ebd., 26. 9. 1910), der mit der Pianistin Emilie Hessler, geb. Mildner (gest. Prag, 29. 4. 1907), verheiratet war; ledig. – H. besuchte das Gymnasium in Prag und Wien und studierte nach Absolvierung der philosophischen Jahrgänge sieben Semester an der juridischen Fakultät der Universität Wien sowie am polytechnischen Institut, wo er 1854 zunächst als provisorischer Assistent und danach als Assistent der Höheren Mathematik jeweils bei →Johann Salomon wirkte. 1855 trat er eine Stelle als wirklicher Lehrer an der damals neu gegründeten Wiener Kommunal-Oberrealschule auf der Wieden an und wurde 1866 zum Professor ernannt. Als solcher war er bis 1871 verpflichtet, wobei er jedoch bereits ab 1869 beurlaubt war, um u. a. für die allgemeine wechselseitige Kapitalien- und Renten-Versicherungsgesellschaft Austria, deren Gründungsmitglied sein Vater gewesen war, Berechnungen durchzuführen, wobei H. zunächst als Generalsekretär fungierte und während des Studienjahres 1869/70 zum Direktor aufstieg. Aufgrund seiner 1860 erschienenen Habilitationsschrift „Über Capitalien- und Rentenversicherungen“ war er zum Privatdozenten für Kapitalien- und Rentenversicherungen am polytechnischen Institut ernannt worden, 1863 wurde seine Venia legendi auf das gesamte Gebiet der „politischen Arithmetik“ (= Versicherungsmathematik) erweitert; 1870 tit. ao. Professor, lehrte er ab 1871 zum ersten Mal Versicherungswesen. 1867/68 sowie 1876/77 fungierte er als Vertreter der Privatdozenten im Professorenkollegium. Ab 1873 wirkte H. auch als Dozent für Versicherungswesen an der Wiener Handelsakademie, nachdem er dort bereits 1871–72 Lebensversicherungswesen unterrichtet hatte. Kurz vor seinem Tod erhielt er noch einen Ruf als Fachlehrer für Versicherungsmathematik an die nunmehrige Technische Hochschule in Wien, konnte diese Dozentur jedoch nicht mehr antreten. Darüber hinaus fungierte H. als Direktor der niederösterreichischen Hypothekenbank sowie im versicherungstechnischen Beirat des Pensionsinstituts des österreichischen Notarenvereins. Als Fachmann für Versicherungsfragen publizierte er u. a. in den Jahres-Berichten über die Wiener-Kommunal-Oberrealschule in der Vorstadt Wieden. H. übernahm 1859 die Herausgabe der 6. Auflage von Salomons „Lehrbuch der Arithmetik und Algebra“ und verfasste 1882 mit Joseph Haberl, →Josef Kolbe und →Rudolf Sonndorfer ein „Gutachten über die Reform der allgemeinen Versorgungs-Anstalt“. 1856 nahm er als Mitglied an der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien teil. 1865 war er Mitbegründer der Viehversicherungsbank Apis, ab 1888 Mitglied des Versicherungs-Beirats im Ministerium des Innern (ab 1893 Stellvertreter in diesem Gremium) und auch an der Ausarbeitung des 1880 verabschiedeten ersten Aufsichtsgesetzes für Versicherungsanstalten in der Geschichte des österreichischen Versicherungswesens beteiligt. 1881 wurde ihm das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens verliehen.

Weitere W.: Über Kapitalien und Renten-Versicherungs-Anstalten, in: Jahres-Bericht über die Wiener-Kommunal-Oberrealschule in der Vorstadt Wieden 4, 1859.
L.: NFP, 23. (Abendblatt), 24., Prager Tagblatt, 24., Die Presse, 26. 1. 1895; Der Bautechniker 15, 1895, S. 60; K. Ullrich, Festschrift zur Erinnerung an die Feier des fünfzigjährigen Bestandes der K. K. Staats-Realschule im IV. Bezirke in Wien …, 1905, S. 15, 59, 94; J. Neuwirth, Die k. k. Technische Hochschule in Wien 1815–1915, 1915, S. 568f., 636; A. Lechner, Geschichte der Technischen Hochschule in Wien, 1942, s. Reg.; Versicherungsgeschichte Österreichs 2, ed. und red. W. Rohrbach, 1988, S. 57, 707f.; N. Ottowitz, Der Mathematikunterricht an der Technischen Hochschule in Wien 1815–1918, 2, 1992, S. 279ff. (mit Bild); J. Mikoletzky, in: 30 Jahre Institut für Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie 1967–97, ed. R. Viertl, 2002, S. 17, 19; P. Šišma, Matematika na německé technice v Brně, 2002, bes. S. 295; TU, UA, beide Wien.
(M. Pesditschek)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)