Hießleitner-Singer, Emmy (Emma); geb. Singer, verheiratete Hießleitner (1884–1980), Graphikerin, Illustratorin und Malerin

Hießleitner-Singer Emmy (Emma), geb. Singer, verheiratete Hießleitner, Graphikerin, Illustratorin und Malerin. Geb. Voitsberg (Steiermark), 8. 9. 1884; gest. Graz (Steiermark), 12. 5. 1980; röm.-kath. Tochter des Bergverwalters Karl Singer und seiner Frau Emma Singer, geb. Steinlechner; ab 1926 verheiratet mit dem Geologen und Bergingenieur Gustav Hießleitner (geb. Wien, 16. 2. 1892; gest. Graz, 26. 12. 1964). – H. erhielt ersten Malunterricht an der Bürgerschule in Gleisdorf, 1903–04 lernte sie bei Alfred Rumelsbacher in Berlin, 1906–09 besuchte sie die Landeskunstschule bei →Alfred Schrötter von Kristelli in Graz, verbrachte den Sommer 1910 bei Schrötter von Kristelli und Ludwig Dill in Dachau und vervollkommnete ihre Ausbildung 1910–12 bei Oskar Graf in München (Radieren und Stechen). Ab 1913 war sie als freie Mitarbeiterin von Viktor Geramb am Aufbau des steirischen Volkskundemuseums in Graz beteiligt, unternahm 1914 eine Studienreise nach Italien, arbeitete 1914–15 als Pflegerin in Tobelbad und Voitsberg und hielt sich danach mit Geramb in Steyr auf. Ab 1918 unterhielt H. ein gemeinsames Atelier mit →Marie Baselli in Graz, 1925 folgte ein Studium an der Frauenakademie Wien bei →Rudolf von Larisch (Aktzeichnen, Schrift). Nach ihrer Heirat begleitete sie ihren Mann auf dessen Berufsreisen an die Adria sowie auf den Balkan und unternahm 1958 eine Studienreise nach Athen, Rhodos und Istanbul. Ab 1937 nahm die Familie ihren Zweitwohnsitz in Semriach. H. war vorwiegend als Graphikerin und Illustratorin tätig. Die 1922–26 entstandenen gezeichneten und radierten Hochgebirgs- und Gletscherbilder (Neue Galerie, Graz) sind von Elementen des Jugendstils geprägt, wobei die Landschaftsformen im Sinne einer kontemplativen Natursicht rhythmisiert und ornamentalisiert wurden. H., die dem Kreis um Geramb – der das allgemeine Interesse an der Erforschung der (deutschen) bäuerlichen Kultur der Steiermark vorantrieb – bzw. dem Umfeld des Vereins Südmark angehörte, fertigte topographisch genaue Aufnahmen der bäuerlichen Architektur an und illustrierte auch die von Geramb herausgegebenen „Kinder- und Hausmärchen aus der Steiermark“ (1941). Weiters schuf sie Illustrationen für die steirischen Heimatbücher von →Hans Kloepfer. In ihren Gemälden, Aquarellen und Gouachen von (Stadt-)Landschaften zeigt sich H. einem realistischen bis impressionistischen Stil verpflichtet. Für die in der NS-Zeit von der Kameradschaft steirischer Künstler und Kunstfreunde für die Steirische Städteausstellung (Universität Leoben, 1943) in Auftrag gegebenen Ansichten der steirischen Bezirksstädte wurde sie mit der Darstellung ihrer Geburtsstadt Voitsberg beauftragt. Gegen Ende ihres Lebens entstanden aufgrund der nachlassenden Sehkraft vornehmlich Blumenaquarelle. H. war Mitglied des Steiermärkischen Kunstvereins (ab 1906), des Werkbunds Freiland, der Vereinigung/Genossenschaft bildender Künstler Steiermarks, der Obersteirischen Gesellschaft für bildende Kunst und der Kameradschaft steirischer Künstler und Kunstfreunde. Ihre Arbeiten zeigte sie u. a. 1917 in Steyr, 1943 in Leoben, 1951, 1954, 1969, 1974 und 1980 in Graz (jeweils Einzelausstellungen) sowie in München (1912 Glaspalast), Wien (1923 Secession), Ústí nad Labem (1925) und Straßburg (1942). 1906 erhielt sie die Silberne Medaille der Stadt Graz, 1923 die Goldene Staatsmedaille, 1930 den Österreichischen Staatspreis und 1971 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. H.s Werke finden sich im Graz Museum, der Neuen Galerie und der Sammlung der Stadt Graz/Kulturamt, alle Graz.

Weitere W.: Illustrationen zu: H. Kloepfer, Vom Kainachboden, 1912; H. Kloepfer, Aus dem Sulmtale, 1922; V. Geramb, Deutsches Brauchtum in Österreich, 1924; H. Kloepfer, Steirisches Bilderbuch, 1930; H. Kloepfer, Sulmtal und Kainachboden, 1936; W. Kainz, Weststeirische Sagen, Märchen und Schwänke, 1974.
L.: AKL online; Fuchs; R. List, Kunst und Künstler in der Steiermark 1, 1967; F. Kryza-Gersch, E. H.-S. Gouachen und Graphik, Graz 1969 (Kat.); +/- 90. Schaffende Künstler über 85 in der Steiermark, ed. Th. Zaunschirm, Graz 1974 (Kat.); E. H.-S. Ölbilder und Graphik, ed. G. Fink, Graz 1980 (Kat.); Gesamtkatalog der Gemälde, ed. W. Skreiner, Graz 1988, S. 204 (Kat.); Im Hochsommer der Kunst 1890–1925, ed. A. Foitl, Graz 1997, S. 49, 130 (Kat.); E. H.-S., ed. E. Lasnik – P. Strnad, 2005; H. Lipsky, Kunst einer dunklen Zeit. Die bildende Kunst in der Steiermark zur Zeit des Nationalsozialismus, 2010, S. 204ff.; Die Kunst der Anpassung, ed. G. Holler-Schuster u. a., Graz 2010, S. 33, 110f. (Kat.); Aufbruch in die Moderne?, ed. G. Danzer, Graz 2014, S. 253, 274 (Kat.); biografiA. Lexikon österreichischer Frauen 1, 2016; Ladies First! Künstlerinnen in und aus der Steiermark 1850–1950, ed. G. Danzer, Graz 2020, S. 234ff., 379f. (Kat., mit Bild); Künstler/innenarchiv Neue Galerie, Graz, Pfarre Gratwein, Pfarre Voitsberg, alle Steiermark.
(G. Danzer)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)