Hochstetter, Ferdinand von (1829-1884), Geologe und Prähistoriker

Hochstetter Ferdinand von, Geologe und Prähistoriker. * Eßlingen (Württemberg), 30. 4. 1829; † Wien, 18. 7. 1884. Stiefbruder des Vorigen, Vater des Folgenden. Seine 1847 an der Univ. Tübingen begonnenen evang.-theolog. Stud. schloß er zwar 1851 mit dem Staatsexamen ab, betrieb aber schon während dieser Zeit naturwiss. Stud. und promov. 1852 mit einer Arbeit über den Kalkspat zum Dr.phil. Über Antrag W. v. Haidingers (s. d.) führte er 1853–56 geolog. Aufnahmen im südlichen und westlichen Böhmen durch (Böhmerwald, Fichtelgebirge, Karlsbader Gebirge). Seit 1854 an der Geolog. Reichsanstalt, 1856 Priv. Doz. für Petrographie an der Univ. Wien. Als Physiker und Geologe der österr. Novara-Expedition zugeteilt, hatte er auf der Fahrt 1857/58 reichlich Gelegenheit zu geolog. Stud. 1859 trennte er sich von der Expedition, um im Auftrag neuseeländ. Regierungsstellen geolog. Forschungen durchzuführen, als deren Resultat er die ersten geolog. Karten Neuseelands überhaupt zeichnete, die viele neue Details zur topograph. Aufnahme des Landes enthielten. Sein Werk über Neuseeland ist das erste größere in dt. Sprache. 1860 zurückgekehrt, war er 1860–81 Prof. für Mineral. und Geol. am Polytechn. Inst. in Wien. Auf einer Reise in die europ. Türkei (1869), zwecks Vorstud. über Trassierung und Bau von Eisenbahnen, konnte er zum erstenmal größere Gebiete geolog. aufnehmen. 1872 machte er eine Reise in den Ural. 1876 wurde H. zum Intendanten des Naturalienkabinettes bestellt und erwarb sich um das neue Haus durch die Einrichtung der auf seinen Antrag neu geschaffenen geolog.-paläontolog. und anthropolog.-ethnograph. Abt. größte Verdienste. 1864 untersuchte er im Auftrag der Akad. d. Wiss. in Wien die Seen Kärntens und Krains auf Pfahlbauten und wandte sich dann im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für das Mus. immer mehr prähist. Stud. zu. Auf seinen Antrag gründete die Akad. d. Wiss. eine prähist. Komm., deren Obmann er wurde und an deren Unternehmungen (vor allem die Entdeckung reicher Nekropolen in Krain) er großen Anteil hatte. H., 1866–82 Präs. der Geograph. Ges. in Wien, beteiligte sich 1876 an der Gründung des Wiss. Clubs, dessen Vizepräs. er wurde. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien. 1884 nob.

W.: Geognost. Stud. aus dem Böhmerwald, in: Jb. der Geolog. Reichsanstalt 5–7, 1854–56; Die geolog. Verhältnisse des östlichen Theiles der europ. Türkei, ebenda, 20, 1870, 22, 1872; Neu-Seeland, 1863, engl. 1867; Topograph.-geolog. Atlas von Neu-Seeland, gem. mit A. Petermann, 1863; Geol. von Neuseeland, in: C. v. Scherzer, Reise der österr. Fregatte Novara um die Erde in den Jahren 1857–59, 4. Geolog. Tl., Bd. 1, Abt. 1, 1864; Paläontol. von Neu-Seeland, ebenda, Abt. 2, 1864 (mit anderen); Geolog. Beobachtungen, ebenda, Bd. 2, Abt. 1, 1866; Leitfaden der beschreibenden Krystallographie, gem. mit A. Bisching, 1868; Die Erdbebenfluth im Pacif. Ocean vom 13.-16. August 1868 und die mittleren Tiefen dieses Oceans (Tl. l: Das Erdbeben in Peru ...), in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Bd. 58/II, 59/II, 1868, Bd. 60/II, 1869; Geolog. Bilder aus der Vorwelt und der Jetztwelt, 1873, franz. 1875, russ. 1875; J. Hann-F. v. Hochstetter-A. Pokorny, Allg. Erdkunde, 1872, 2. Aufl. 1875, 4. Aufl. 1884; Asien, seine Zukunftsbahnen und seine Kohlenschätze, 1876; Leitfaden der Mineral. und Geol., gem. mit A. Bisching, 1876, 5. Aufl. 1883; Prähist. Arbeiten vor allem in: Berr. der Prähist. Komm. der math.-nat. Kl. der Akad. d. Wiss., Denkschriften Wien, math.-nat. Kl., Sbb. Wien, math.-nat. Kl.; F. v. H.s gesammelte Reiseberr. von der Erdumsegelung der Fregatte „Novara“ 1857–59, 1884 (mit Einleitung und Schlußwort von V. v. Haardt). Vgl. CSP 3, 7, 10, 15, VI. J. Procházka, Repertorium literatury geologické a mineralogické království Českého, Tl. 1, 1897, S. 71 f.
L.: Schwäb. Merkur vom 6. 5. 1929; Mitt. der Geograph. Ges. in Wien 27, 1884, S. 249, 345–92 (mit Werksverzeichnis), 77, 1934, S. 81; Min. der Anthropolog. Ges. in Wien 14, 1884, S. 77–82; Jb. der Geolog. Reichsanstalt 34, 1884, S. 601–08; Mitt. DÖAV 1884, S. 257 f.; Geological Magazine 1, 1884, S. 526–28; Leopoldina 20, 1884, S. 167, 21, 1885, S. 98–102; The New Zealand Journal of Science 2, 1884–85, S. 202–20; Földtani Közlöny 15, 1885, S. 83–85, 369/70; Almanach Wien, 1885; Jahreshe. des Ver. für vaterländ. Naturkde, in Württemberg 41, 1885, S. 39–42; Sbb. der math.- physikal. Kl. der kgl. Bayer. Akad. d. Wiss. zu München 15, 1885, S. 201–05; Monatsbll. des wiss. Club in Wien 5, 1884, S. 103 f.; Die Brücke, Sidney, 1, 1934, H. 29; F. Hochstetter, Die Herkunft der Familie H., in: Bll. für Württemberg. Familienkde., H. 61/62, 1934; A. Lechner, Geschichte der Techn. Hochschule in Wien 1815–1940, 1942; Poggendorff 1, 3, 4 (mit Werksverzeichnis); N. österr. Biogr. 4, 1927; Schwab. Lebensbilder, Bd. 2, 1941, S. 229–41; Österr. Naturforscher, Ärzte und Techniker, 1957; Wurzbach; ADB 55.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 9, 1959), S. 345
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