Höfler, Alois (1853-1922), Philosoph und Pädagoge

Höfler Alois, Philosoph und Pädagoge. * Kirchdorf a. d. Krems (O.Ö.), 6. 4. 1853; † Wien, 26. 2. 1922. Stud. an der Univ. Wien 1871–76 Math. und Physik, 1876 Prüfung für das Lehramt an Mittelschulen in diesen Fächern. Unter dem Einfluß von F. Brentano (s. d.) und in Studiengemeinschaft mit A. Meinong wandte sich H. von 1876 an immer mehr der Phil. und durch seine Tätigkeit als Gymnasiallehrer in Wien (1876–1903) pädagog. Fragen zu. Von Brentano übernahm H. die Auffassung vom Wesen des Urteils und der Evidenz als Kriterium der Wahrheit, sowie wesentliche Gesichtspunkte in der Ethik, von Meinong die Gegenstandstheorie und die emotionale Präsentation, mit Chr. v. Ehrenfels traf er sich in der Lehre von den Gestaltwahrnehmungen und hob namentlich das Merkmal der Transponierbarkeit hervor, um in den letzten Jahren den Begriff der Gestalt auch auf musikal. Gebilde und auf das organ. Leben anzuwenden. Außerdem wurde seine geistige Persönlichkeit nachhaltig durch R. Wagners Kunstwerk und Kunstlehre mitgeformt. Die Pädagogik betrachtete H. als prakt. Wiss., begründet auf Ethik, Logik und Psychol.; in der psycholog. Grundlegung folgte er der Dispositionspsychol. der Grazer Schule (A. Meinong, Ed. Martinak, St. Witasek). In der Bildungstheorie forderte er die Verbindung realist. und humanist. Bildungselemente, einer exakten Denkschulung durch Math. und Physik und einer Formung von Werterleben und Weltanschauung durch die Werke der Dichtung und Musik. Auf dem Gebiete der speziellen Unterrichtslehre der naturwiss. Fächer (Math., Physik, Astronomie) und des philosoph. Einführungsunterrichtes an Mittelschulen war H. einer der bedeutendsten Fachleute seiner Zeit. Außerdem beschäftigten ihn dauernd die Probleme der Neugestaltung des österr. Schulwesens. H.s sehr ausgebreitetes wiss. Lebenswerk umfaßt Handbücher der Physik, der Logik und der Psychol., Lehrbücher dieser Disziplinen für den Mittelschulunterricht, dazu eine große Zahl von Abh. auf den Gebieten der Phil., der Psychol., der allg. Pädagogik, der Spezialdidaktik seiner Fächer, der Schulreform und über R. Wagner. Korr. Mitgl. der Akad. d. Wiss. in Wien.

W.: Hdb.: Logik, 1890, 2. Aufl. 1922; Psychol., 1897, 2. Aufl., Bd. 1. hrsg. von A. Wenzl, 1930; Physik, mit Zusätzen aus der angewandten Math., aus der Logik und Psychol., 1904; Lehrbücher: Grundlehren der Logik, 1890; Zehn Lesestücke aus philosoph. Klassikern, 1890; Grundlehren der Psychol., 1898; Psycholog. Schulversuche, 1900, 3. Aufl. 1911; Naturlehre für die unteren Klassen der Mittelschulen, gem. mit E. Maiss, 1893; Naturlehre für die Oberstufe, gem. mit E. Maiss und F. Poske, 1903, 2. Aufl. 1910; Spezialdidaktik: Didaktik des mathemat. Unterrichts, 1910; Didaktik der Himmelskde. und der astronom. Geographie, 1913; Schulreform: 3 Vorträge zur Mittelschulreform, 1908; Das Ganze der Schulreform in Österr., 1918; Naturphil.: Stud. zur gegenwärtigen Phil. der Mechanik, 1900; Zur gegenwärtigen Naturphil., 1904; Gestaltpsychol.: Gestalt und Beziehung, Gestalt und Anschauung, 1912; Gestaltpsychol. statt Assoziationspsychol., 1919; Naturwiss. und Phil., 4 Stud. zum Gestaltungsgesetz: Stud. I. Anlässe und Aufgaben, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl., Bd. 191/3, 1920, Stud. II. Tongestalten und lebende Gestalten, ebenda, Bd. 196/1, 1921 (III, IV unvollendet).
L.: A.Pr. vom 27. 2., N.Wr.Tagbl. vom 28. 2., M.Pr. vom 3. 3. 1922; Die dt. Phil. der Gegenwart, Bd. 1, 1921, 2. Aufl. 1923 (Autobiographie); Feierl. Inauguration 1922/23; Almanach Wien, 1922; Kant-Stud., Bd. 28, 1923; Wr.Z. für Phil., Psychol., Pädagogik 4, 1952, S. 140–65 (mit Werksverzeichnis); Krackowizer; Wiss. und Weltbild, Jg. 6, 1959, S. 121–35; Ziegenfuß 1, S. 546f.; Überweg-Österreich, Grundriß 4, S. 538f.; Wer ist’s? 1908.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 9, 1959), S. 353
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