Hofzinser, Johann Nepomuk (1806–1875), Zauberkünstler und Beamter

Hofzinser Johann Nepomuk, Zauberkünstler und Beamter. Geb. Landstraße, Niederösterreich (Wien), 19. 6. 1806; gest. Wien, 11. 3. 1875; röm.-kath. (seit 1916 Ehrengrab: Wiener Zentralfriedhof). Enkel des aus dem steirischen Gamlitz stammenden Bäckermeisters Leopold Hofzinser, Sohn der Kurz- und Seidenwarenhändler Leopold Adalbert Hofzinser und Theresia Hofzinser, geb. Fechtspieler, die am Graben in Wien drei Geschäfte führten, Bruder von Leopold Hofzinser und Josef Hofzinser, die das Geschäft der Eltern weiterführten, sowie von Franz Xaver Hofzinser, der eine militärische Laufbahn einschlug und durch ein dreibändiges Werk über Pferdedressur und -pflege bekannt wurde, entfernter Cousin von →Ludwig Döbler; ab 1854 mit Wilhelmine Hofzinser, geb. Bergmann (1827–1900), verheiratet. – H. begann seine Tätigkeit als Lehrling im Geschäft seiner Eltern, arbeitete ab 1825 in der Tabak- und Stempelgefällenverwaltung und wechselte 1839 als Registrant zur allgemeinen Hofkammer. Neben seiner Tätigkeit als Beamter war er Mitglied der k. k. Landwirthschaftsgesellschaft und der Bayerischen Gartenbau-Gesellschaft. Er schrieb unzählige Konzert- und Theaterkritiken (z. B. über Paganini, →Franz Schubert, →Franz von Liszt etc.) für verschiedene Zeitungen und machte sich damit einen Namen in der Musikwelt. Ein als junger Mann begonnenes Violinstudium beendete er, als er Paganini und seinen Freund →Josef Slavík hörte, und widmete sich vermehrt der Zauberkunst. In den Wiener Salons war H., auch „der schöne Mucki“ genannt, ein gern gesehener Gast. Er war mit zahlreichen prominenten Künstlerpersönlichkeiten befreundet, darunter Hector Berlioz, →Ludwig Döbler, Fanny Salamon, →Ludwig Löwe, Adelina Patti, →Karl Ludwig Costenoble, →Moritz Gottlieb Saphir, →Johann Nestroy, →August Prinzhofer, Hans Canon (→Johann Bapt. Straschiripka) und →Josef Matthias Aigner. Nach seiner Heirat unterstützte ihn seine Frau als „Somnambule Assistentin“ und wurde wichtiger Teil seines eindrucksvollen Programms. Unter ihrem Namen führte H. ab 1857 jahrelang den berühmten Salon Hofzinser an verschiedenen Wiener Adressen (Wollzeile 38, Himmelpfortgasse 15, Walfischgasse 6–8 und Fleischmarkt 20–22). Seine „Stunden der Täuschung“ wurden zu einer angesehenen Form der Zauberkunst, einer Art intellektuellem Gesellschaftsspiel, während H. zum Liebling der Wiener Gesellschaft avancierte. Er revolutionierte die Salonzauberei und insbesondere die Kartenkunst. Ähnlich wie es Nestroy in seinen Theaterstücken tat, unterlegte er sie mit doppeldeutigen gesellschaftspolitischen und sozialkritischen Bonmots. Seine mannigfaltigen Erfindungen wie der Rosenspiegel, das wunderbare Kartenspiel, Überall und Nirgends, Denken und Vergessen, der Tintenpokal, der Liebesbrunnen und die Laterne des Diogenes sind nur einige seiner unzähligen auch heute noch vorgeführten Experimente. Nach seiner Pensionierung 1865 bereiste H. mit seinen Programmen unter dem Künstlernamen Dr. Hofzinser weite Teile Österreich-Ungarns, war aber auch in München, Berlin und Breslau zu sehen. Dabei verzauberte er sein mondänes Publikum in Kurorten wie Karlsbad, Franzensbad und Marienbad ebenso wie an kleineren Orten. H. gilt weltweit zu Recht als Vater der Spielkartenzauberkunst, die er zu bis dahin nicht gekannter Höhe führte. Besonders in der amerikanischen Zauberliteratur wird er oft zitiert und ist mit seinem charmanten, satirischen Vortrag, der immer einen witzigen Zeitbezug enthielt, Vorbild für viele Zauberkünstler geblieben. Von seinen Schülern dürfte Georg Heubeck der talentierteste gewesen sein. Dieser gab die Geheimnisse H.s an seinen eigenen Schüler →Ottokar Fischer weiter, der das erste umfassende Kompendium zu H. verfasste.

L.: Magic Christian, Non plus ultra. J. N. H. 1806–1875, 1–3, 1998–2012 (mit Bild); Zeitungsarchiv und Sammlung Magic Christian, Theatermuseum, Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, alle Wien; Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Stadtmuseum Berlin, beide Berlin, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, alle D; Sammlungen Volker Huber, Offenbach am Main, Hein Lurz, München, Peter Schuster, Berlin, alle D, David Copperfield, Las Vegas, Ricky Jay, Los Angeles, Ken Klosterman, Cincinatti, Library of Congress, McManus-Young Collection, Washington, D.C., alle USA; Website hofzinser.info (mit Bild, Zugriff 16. 3. 2016).
(Magic Christian)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)
1. AUFLAGE: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 10, 1959), S. 388f.
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