Hrdlička, Aleš (1869-1943), Anthropologe

Hrdlička Aleš, Anthropologe. * Humpoletz (Humpolec, Böhmen), 29. 3. 1869; † Washington, Herbst 1943. Kam schon als Knabe mit seiner Familie nach New York, wo er zunächst Geld verdienen mußte und daneben Abendkurse besuchte. Erst später begann und vollendete er sein Medizinstud. 1895 wurde er im neu gegründeten „State Pathological Institute“ in New York Associate in Anthropol., 1903 Dir. der „Division of Physical Anthropology“ im U.S. National Mus. in Washington, deren Kurator er bis zu seinem Tode blieb. Als Prof. wirkte er an der Univ. Washington und im National Mus.; daneben erstreckte sich seine Lehrtätigkeit aber auch auf andere, z. T. prakt. Institutionen. H. entfaltete während mehrerer Jahrzehnte eine ungeheure Aktivität. Er unternahm weite Reisen und Expeditionen: nach Nord- (bis Alaska), Mittel- und Südamerika, nach vielen Gebieten Asiens (Japan, China, Mongolei, Indien, Ceylon, Java), nach Australien, nach Afrika (Ägypten, Südafrika) und auch nach Europa, wo er besonders mit seiner Heimat den engsten wiss. und menschlichen Kontakt wahrte. Auf diesen Reisen leistete er Feldarbeit zur Erforschung von primitiven Stämmen, führte anthropolog. und physiolog. Untersuchungen durch, besuchte Mus. und nahm an Ausgrabungen teil. Seine zahlreichen, oft grundlegenden Veröffentlichungen umfassen verschiedene Wissensgebiete. An erster Stelle sind die den amerikan. Doppelkontinent betreffenden zu nennen: anthropolog. und physiolog. Untersuchungen der sogenannten „Old Americans“, deren Vorfahren seit zumindest drei Generationen in Amerika ansässig waren, und die Erforschung von Primitivstämmen Amerikas. Darüber hinaus befaßte er sich aber auch mit eingeborenen Stämmen anderer Kontinente. Besonders intensives Interesse brachte er abstammungs- und stammesgeschichtlichen, d.h. paläoanthropolog. Problemen entgegen, wobei neben allg. Gesichtspunkten wieder die Frage nach dem Alter des Menschen in Südamerika und nach dem Ursprung der Indianer im Vordergrund stand. Weitere Veröffentlichungen galten der Anthropometrie, dem Gehirn, dem Schädel und dem Skelett. H. erwarb sich grundlegende Verdienste um die „Division of Physical Anthropology“ des U.S. National Mus. in Washington, die durch ihn aus bescheidenen Anfängen zu einer weit bekannten und viel gerühmten Stätte heranwuchs, und als Gründer und Hrsg. des weit verbreiteten und geschätzten „American Journal of Physical Anthropology“ (1918) sowie als Gründer der „American Association of Physical Anthropologists“ (1929). Seine Untersuchungen über die Verbreitung der Tuberkulose unter den Indianern und über die Empfänglichkeit der Eingeborenen für verschiedene Krankheiten sind ein Zeichen für seinen lebensnahen Sinn.

W.: Physiological and Medical Observations among the Indians of S. W. United States and N. Mexico, in: Smithsonian Institution, Bureau of American Ethnology Bull. 34 (Washington), 1908; Contribution to the Anthropology of Central and Smith Sound Eskimo, in: Anthropological Papers of the American Museum of Natural History N. Y., vol. V/2, 1910; The Natives of Kharga Oasis, Egypt, in: Smithsonian Miscellaneous Collection, vol. 59/1, 1912; Physical Anthropology of the Lenape or Delawares and of the Eastern Indians in general, in: Smithsonian Institution, Bureau of American Ethnology Bull. 62 (Washington), 1916; Early Man in South America, ebenda 66, 1918; Anthropometry, in: Wist. Institution for Anatomy and Biology, 1920; The Old Americans. A Scientific Detailed Study of the Fathers of America and Their Children, 1925; The Origin and Antiquity of Man in America, in: Bull. of the New York Academy of Medicine, IV/7, 1928; The Neanderthal Phase of Man, in: Smithsonian Report for 1928, publ. 3022 (Washington), 1929; Anthropological Survey in Alaska, in: Bureau of American Ethnology, 46th Annual Report (Washington), 1930; Catalogue of Human Crania in the U.S. National Museum Collections, in: Proceedings of the U.S. National Museum (Washington), 1924–39.
L.: Anthropol. (Prag) VII, 1929, S. 4–61 (Werksverzeichnis in tschech. und engl.), XVII, 1939, S. 1–12; Z. für Rassenkde., 14/2, 1944.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 10, 1959), S. 437f.
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