Jäger, P. Albert (Josef) (1801-1891), Historiker

Jäger P. Albert (Josef), O.S.B., Historiker. * Schwaz (Tirol), 8. 12. 1801; † Innsbruck, 10. 12. 1891. Sohn eines durch den Brand von Schwaz 1809 verarmten Bäckers, kam er früh zu Verwandten nach Bozen, dann 1815–17 nach Rovereto, wo seine Lehrer, darunter Don F. Guareschi, den Sinn für hist. Lektüre erweckten. J. absolv. das Gymn. in Bozen, dann privat die beiden philosoph. Kurse und war zugleich als Hauslehrer bei J. v. Giovanelli (s. d.) tätig. 1825 trat er in das Benediktinerstift Marienberg (Vinschgau) ein, zu dessen Konventualen damals B. Weber und P. Zingerle gehörten. P. B. Raas regte J. zu Forschungen über „Die Grafen von Taraspo“ (1829) an, während am Brixner Priesterseminar der Kirchenhistoriker F. A. Sinnacher und der Exeget J. Probst, ein Schüler Feilmosers (s. d.), ihn mit den Methoden der hist. Theol. vertraut machten. So war J. noch in der Benediktinergelehrsamkeit des 18. Jhs. verwurzelt. Nach Tätigkeit in der Seelsorge und am Gymn. in Meran kam J. 1841 als Erzieher in das Haus des Gouverneurs Clemens Gf. Brandis (s. d.) nach Innsbruck, wo er reiche archival. Quellen und die ersehnte Muße zu hist. Forschung fand. 1845 Supplent, 1846 Prof. der Geschichte an der Univ. Innsbruck, 1849 Gymnasialdir. in Meran, 1851 von Min. Gf. Leo Thun als Prof. der österr. Geschichte an die Univ. Wien berufen, um hier „endlich eine Schule für die Bearbeitung der österr. Geschichte zu begründen“. J., der zweifellos eine ausgezeichnete Lehrbegabung besaß, erwarb sich insbesondere um die Gründung des „Inst. für österr. Geschichtsforschung“, dem er als erster Dir. 1854–69 vorstand, große Verdienste. O. Lorenz, K. Tomaschek, K. Fr. Stumpf-Brentano, F. Krones zählten zu seinen ersten Schülern. 1856 gewann J. Th. v. Sickel als Lehrkraft, der dem Inst. nach dem Vorbilde der École des Chartes die hilfswiss. Richtung wies. Unermüdlich literar. tätig, war er auch polit. stark interessiert (1867–71 Reichsratsabg.), 1854/55 Dekan, 1865/66 Rektor. Mitgl. d. Akad. d. Wiss. in Wien.

W.: Über die Grafen von Taraspo, in: Beitrr. zur Geschichte, Statistik usw. von Tirol und Vorarlberg 5, 1829; Der Engadeiner Krieg im Jahre 1499, in: Neue Z. des Ferdinandeums 4, 1838; Tirol und der baier.-französ. Einfall im Jahre 1703, 1844; Die alte ständ. Verfassung Tirols, 1848; Über die den Cardinal Nicolaus v. Cusa betreffenden Geschichtsquellen . . ., in: Sbb. Wien, phil. hist. Kl., Bd. 5, 1850; Regesten. . . über das Verhältnis des Cardinals Nicolaus v. Cusa zum Herzog Sigmund, in: AfÖG 4, 1850, 7, 1851; Über Leistungen auf dem Gebiete der Alterthumsforschung in Tirol, in: Sbb. Wien, phil. hist. Kl., Bd. 7, 1851; Zur Vorgeschichte des Jahres 1809 in Tirol, ebenda, Bd. 8, 1852; Über das Verhältnis Tirols zu den Bischöfen von Chur und zum Bündnerlande, ebenda, Bd. 10, 1853; Über K. Maximilian’s I. Verhältnis zum Papstthum, ebenda, Bd. 12, 1854; Die Wiedervereinigung Tirols mit Österr. in den Jahren 1813–16, in: Almanach Wien, 1857; Die Fehde der Brüder Vigilius und Bernhard Gradner gegen Herzog Sigmund von Tirol, in: Sbb. Wien, phil. hist. Kl., Bd. 26, 1858, Denkschriften Wien, phil. hist. Kl., Bd. 9, 1859; Der Streit des Kardinals Nicolaus v. Cusa mit dem Herzoge Sigmund von Österr., 2 Bde., 1861; Über das rhät. Alpenvolk der Breuni oder Breonen, Sbb. Wien, phil. hist. Kl., Bd. 42, 1863; Francesco Petrarca’s Brief an K. Karl IV. über das österr. Privilegium vom Jahre 1058, in: AfÖG 38, 1867; K. Joseph II. und Leopold II. Reform und Gegenreform 1780–92, in: Oesterr. Geschichte für das Volk XIV, 1867; Die Priester-Verfolgung in Tirol von 1806 bis 1809, 1868; Die Tiroler Landesverteidigung im Reichsrathe und Landtage 1868 und 1869, 1869; Das Steuerbewilligungs-Recht der alten Stände Tirols, 1870; Tirol’s Rückkehr unter Oesterr. und seine Bemühungen zur Wiedererlangung der alten Landesrechte von 1813–16, 1871; Der Streit der Tiroler Landschaft mit K. Friedrich III. wegen der Vormundschaft über Herzog Sigmund von Österr. von 1439–46, in: AfÖG, Bd. 49, 1872; Beitrr. zur Geschichte der Verhandlungen über die erbfällig gewordene gefürstete Grafschaft Tirol . . . 1595–97, ebenda, 50, 1873; Der Übergang Tirols und der österr. Vorlande von dem Erzh. Sigmund an den röm. Kg. Maximilian von 1478–90, ebenda, 51, 1873; Die Denkschrift der Abg. aus dem italien. Theile der Provinz Tirol, vom hist., staatsrechtlichen und ökonom. Standpunkte beleuchtet, 1874; Das Eindringen des modernen kirchenfeindlichen Zeitgeistes in Österr. . ., in: Z. für kath. Theol., 1878; Kirchliche Reaction gegen den kirchenfeindlichen Zeitgeist in Österr., ebenda, 1879 und 1880; Über den Ausstellungsort einer Urkunde K. Heinrichs IV. dd. Nuzdorf Id. Mai 1097, in: AfÖG 59, 1880; etc.
L.: Wr.Ztg. vom 11. 12., N.Fr.Pr. vom 18. 12. 1891; MIÖG 13, 1892; Feierl. Inauguration, 1892/93; Almanach Wien, 1892; Hist. Jb. 13, 1892; A. Pichler, Ges. Werke 12, 1908; N. Österr. Biogr. 5, 1928; A. Lanner, Tyroler Ehrenkranz, 1925; A. Lhotsky, Geschichte des Inst. für österr. Geschichtsforschung, in: MIÖG, Erg. Bd. 17, 1954; N. Grass, Österr. Historiker-Biographien, F. 1, 1957, s. Reg.; Wurzbach; ADB 50.
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 3 (Lfg. 11, 1961), S. 53f.
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