Kafka Franz, Dichter. * Prag, 3. 7. 1883; † Kierling (N.Ö.), 3. 6. 1924. Stammte aus einer durch Fleiß und Strebsamkeit rasch emporgekommenen Kaufmannsfamilie. K. zeigte sich bereits in seiner Jugend geistig-seel. hoch differenziert und wurde in frühen Jahren schon zum Einzelgänger; besuchte das dt. Gymn. und 1901–06 die dt. Univ. in Prag. Stud. anfänglich Chemie, 1902 1 Semester Germanistik und vollendete schließlich das schon in der Zwischenzeit begonnene rechtswiss. Studium: 1906 Dr.jur. 1904/05 Anfänge seines literar. Schaffens. Erstveröffentlichung 1909 in der Z. „Hyperion“. Wurde nach 1jähriger Gerichtspraxis Beamter der Prager Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt. Nach Ausbruch seines Lungenleidens ab 1917 Aufenthalt in Sanatorien, dazwischen immer wieder in Prag; 1923/24 in Berlin. Seine letzte Lebenszeit verbrachte er in Kierling b. Wien. K.s literar. Werk zeigt am Beginn z. T. noch den Einfluß H. v. Hofmannsthal (s. d.), nahm jedoch später eine durchaus eigengeartete Richtung. In allen Phasen seines Schaffens macht sich eine hohe Formbegabung geltend, deren Verwirklichung zweifellos auch durch die scharfe Selbstkritik des Autors gefördert wurde. Der persönlichen Lebenseinstellung des Dichters verbunden scheint das oft gewaltsam betonte Streben nach Aktivität, abgelöst von dem Sich-Finden in „grabmäßiger Ruhe“, zugleich immer wieder Keimzelle der Beruhigung. In teils streng intellektueller, teils metaphys. tendierender Problematik ist bei K. die Stellung des Menschen in der Welt passiv dem Fatum der Urschuld und deren Folgen ausgeliefert. Seinem Menschen bleibt nur noch das Unfaßbare des Gesetzes. K.s negative Daseinseinstellung behauptet sich aus dem gedanklichen Grund der anschauungsvernichtenden Tätigkeit des Intellekts, die für ihn auch das dichter. Gleichnis ausschließt. Der verstandeshaften Zersetzung entspricht die Weglosigkeit des Menschen in K.s Werk zu der anonymen höchsten Macht, die ihm das Absolute ist. Der dumpf lastenden Unbegriffenheit dieses Absoluten durch ein sehr begriffliches Denken, deren Symbolik das unmittelbare Erlebnis der Schöpfung fehlte, war bis in die letzten Schaffensjahre des Dichters die Verneinung verhaftet. K. hatte Vernichtung seines Nachlasses gefordert, vor allem die seiner drei großen Romanfragmente „Der Prozeß“, „Das Schloß“ und „Amerika“. Die Herausgabe erfolgte dennoch, doch wurde die Gültigkeit der nachträglichen Zusammenstellung und Ergänzung z. T. auch fachliterar. in Frage gestellt. Aber auch K.s Gesamtwerk, in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder zur Debatte gestellt, wurde Objekt zahlloser Darstellungen mit einander vielfach widersprechenden Deutungsversuchen und Streitfragen.