Kalbeck, (Franz) Florian (Max Heinrich); Ps. Florian Egger, André Gast (1920–1996), Dramaturg und Schriftsteller

Kalbeck (Franz) Florian (Max Heinrich), Ps. Florian Egger, André Gast, Dramaturg und Schriftsteller. Geb. Wien, 6. 6. 1920; gest. ebd., 29. 6. 1996. Enkel von →Max Kalbeck und →Isidor Mautner, Sohn von →Paul Johannes Kalbeck und der Malerin Marie Kalbeck, geb. Mautner (1886–1972); ab 1947 mit Ruth Grieder, ab 1961 mit Elfriede Pichler, ab 1971 mit der Übersetzerin und Theaterkritikerin Judith Pór, Tochter des Schriftstellers Ludwig Pór, verheiratet. – Nach der Matura am Wiener Schottengymnasium emigrierte K. mit einem Studienvisum im November 1938 in die Schweiz, wo er bis 1947 lebte und in Basel Philosophie, Psychologie und Germanistik studierte; 1947 Dr. phil. mit einer Dissertation über "Die philosophische Systematik Ernst Cassirers". Ab 1940 regelmäßig zum Arbeitsdienst für Emigranten einberufen und in Arbeitslagern interniert, schrieb und zeichnete er unerlaubterweise unter Pseudonym für Zeitungen, u. a. für die „Basler Nationalzeitung“. 1942 fand eine Aufführung von "Der arme Schammes" im "Pawlatschentheater für Emigranten" in Lugano statt. Ironie, Humor und mitunter eine Vorliebe für das Groteske sind für dieses wie auch für andere Werke K.s charakteristisch. Für den am Zürcher Schauspielhaus tätigen Regisseur Leopold Lindtberg bearbeitete er 1945/46 Nestroy-Stücke. 1947 fand die Uraufführung von "Faulrian Siebenschlafs wundersame Wanderschaft" im Basler Marionettentheater statt. Nach seiner Rückkehr nach Wien war K. bis 1957 Dramaturg bzw. Chefdramaturg am Theater in der Josefstadt, gründete und redigierte 1953–57 die "Neuen Blätter des Theaters in der Josefstadt". 1957–82 Dramaturg und zeitweise Hauptabteilungsleiter für Fernsehspiel im Österreichischen Rundfunk (ORF), baute er 1967 eine eigene Theaterabteilung beim ORF auf und unterrichtete 1965–77 Fernsehdramaturgie an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Neben Fernsehbearbeitungen und -adaptierungen, u. a. von Werken Arthur Schnitzlers, Luigi Pirandellos und Alexander Sacher-Masochs, schrieb K. zahlreiche weitere Arbeiten für Hörfunk und Fernsehen, für die er u. a. 1970 und 1976 mit dem Preis der österreichischen Volksbildung ausgezeichnet wurde. 1980 wurde er zum Professor ernannt, 1990 erhielt er das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und 1995 das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

Weitere W.: Das Basler Träumebuch. Gedichte, Geschichten, Marionetten und Karikaturen 1939–1945, 1998; Wo ich flüchtig gewesen bin, ed. J. Pór-Kalbeck, 2001; Mit seines Stiftes Spitze. Zeichnungen, Skizzen, Karikaturen, ed. dies., 2004 (m. B. u. W.).
L.: Bolbecher–Kaiser; Hdb. der Emigration 2; Kürschners Biographisches Theater-Handbuch, 1956; Österreichische Dramatiker der Gegenwart. Kreativ-Lexikon, 1976; Die Zeit gibt die Bilder. Schriftsteller, die Österreich zur Heimat hatten, ed. U. Seeber, 1992, S. 80f. (m. B.); W. Jary, F. K. – 75 Jahre, in: Mit der Ziehharmonika 12, 1995, H. 1, 35f.; C. Hoerschelmann, Exilland Schweiz, 1997, s. Reg.; J. Pór-Kalbeck, Zur Familiengeschichte, in: Skizzen einer Persönlichkeit. Max Kalbeck zum 150. Geburtstag, ed. U. Harten, 2007, S. 61–74.
(U. Oedl)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)