Kernstock Ottokar (Otto), Can. reg., Dichter. * Marburg a. d. Drau (Maribor, Slowenien), 25. 7. 1848; † Festenburg (Stmk), 5. 11. 1928. Als Sohn eines dichter. begabten k. Rates, zeigte K. schon frühzeitig großen Leseeifer und stilist. Begabung. 1866 stud. er an der Univ Graz Jus, 1867 trat er in das Chorherrenstift Vorau ein. Während des Theologiestud. in Graz erwarb sich K. auch auf dem Gebiet der Urkundenlehre, Paläographie und Geschichte große Kenntnisse (Zahn, Krones), die für seine späteren Arbeiten grundlegend waren. 1871 Priesterweihe, 1872 Archivar und Bibliothekar im Stift Vorau. Als Kaplan auf einigen Stiftspfarren und ab 1889 als Pfarrer auf der Festenburg in Oststmk. (wo vor allem seine Lyrik entstand), erwarb sich K. die Liebe der Bevölkerung, um die er sich mit großer Hilfsbereitschaft annahm. Viele seiner Gedichte, die später von H. Vogel stimmungsvoll illustriert und von verschiedenen Komponisten mehrfach vertont wurden, sind zuerst in den „Münchner Fliegenden Blättern“ erschienen, an denen K. 25 Jahre lang mitgearbeitet hat. K. hat aus seinen Stud. und Forschungen zur dt. Vergangenheit und aus der Pflege des Volksliedes für seine eigene Dichtung viel gewonnen. Trotzdem wurde er niemals zum Lehrmeister in Versen – seine Weisen sind echte Poesie. Ebenso ist seine Lieddichtung im Stil der mittelhochdt. Sprache und der des 15. und 16. Jh.s ursprünglich und nicht manieriert. Die patriot. Lyrik K.s, dessen Dichtung während des Ersten Weltkrieges in erster Linie auf Schutz der Heimat gerichtet war und der in den Jahren nach 1918 die österr. Hymne „Sei gesegnet ohne Ende…“ schrieb, war vor allem Aufruf zur Einigkeit des Volkes und zur Hochhaltung seiner lebendigen Werte. Er forderte Toleranz und bejahte die menschliche Gemeinschaft, kritisierte jedoch scharf die innere Unwahrheit einer überzivilisierten Welt, die nicht mehr aus den ursprünglichen, vor allem in Gebet und Arbeit wirksamen Kräften lebt. Der Dichter, in dessen Namen die K.-Schule in Wenigzell gestiftet wurde, fühlte sich besonders der Jugend verpflichtet. Erst spät gewannen Rosegger und K. persönliche Verbindung, doch hat Rosegger Persönlichkeit und Werk K.s in verständnisvoller und gültiger Weise gewürdigt: seine Natur- und Volksverbundenheit und das in seinem Leben verwirklichte Bekenntnis zu einem christlichen Humanismus ebenso wie die „poetische Urkraft“ in K.s Dichtung, dessen formschöne Verse von Heldentaten und Minnedienst der dt. Vergangenheit, aber auch „von des heutigen Menschen Welt- und Himmelsfreude“ singen. Der Dichter wurde schon zu seiner Lebenszeit hoch geehrt; er war Dr. phil. h.c. der Univ. Graz, Mitgl. zahlreicher wiss. und künstler. Vereinigungen, mit Orden und Ehrenbürgerschaften ausgezeichnet und vom steir. Landtag mit einer besonderen Ehrengabe bedacht.