Köhler-Broman, Mela (Melanie Leopoldine); geb. Köhler, verheiratete Broman (1885–1960), Designerin, Graphikerin und Kostümbildnerin

Köhler-Broman Mela (Melanie Leopoldine), geb. Köhler, verheiratete Broman, Designerin, Graphikerin und Kostümbildnerin. Geb. Wien, 18. 11. 1885; gest. Stockholm (S), 15. 12. 1960; bis 1924 röm.-kath. Tochter des Bankbeamten Alexander Johann Köhler (geb. 1858) und von Justina Köhler, geb. Kummer (geb. 1856); ab 1924 verheiratet mit dem Kunsthistoriker und Korrespondenten des „Svenska Dagbladet“ Dr. Gunnar Broman (geb. 1887). – Nach Absolvierung des Lyzeums des Schulvereins für Beamtentöchter besuchte K. zwei Jahre lang die Malschule von →Franz Hohenberger und →Ferdinand Kruis. 1905–10 studierte sie an der Kunstgewerbeschule des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (ÖMKI) bei →Koloman Moser (Fachklasse für Malerei), →Andreas Groll (Allgemeines Aktzeichnen), →Rudolf von Larisch (Schrift und Heraldik) und Rosalia Rothansl (Sonderkurs Textil). Anschließend leitete sie einen Geschmackslehre-Kurs an Frauengewerbeschulen für Weißnähen und Kleidermachen. Ein Stipendium des ÖMKI ermöglichte ihr 1912 einen dreimonatigen Aufenthalt in Paris. Bereits 1907 gestaltete K. den Bilderbogen Nr. 21 für die Wiener Werkstätte (WW) und entwarf in der Folge mehr als 150 Post- und Tischkartenmotive zu den Themen Kinderspiele und Mode (auch in Verbindung mit Weihnachts-, Neujahrs- und Ostergrüßen) für die WW. Postkarten entstanden zudem für die Wiener Verlage Brüder Kohn und M. Munk sowie für den Deutschen Schulverein. Weitere Gebrauchsgraphik kreierte K. für den Backwarenerzeuger Bahlsen (Verpackungen, Werbemarken), die Parfümerie Elida (Reklamesujets) und die Zeitschrift „Wiener Mode“ (Titelblätter). Ein anderer Schwerpunkt ihres Schaffens lag auf Kinderbuchillustrationen, u. a. für die Wiener Verlage Carl Konegen und Sesam, den Verlag Jos. Scholz in Mainz sowie die Londoner Verlage C. W. Faulkner & Co und A. & C. Black. Zudem war K. als Kostüm- und Bühnenbildnerin tätig. Der 1. Weltkrieg verhinderte zwar ein Engagement an das Londoner Alhambra Theatre, dafür arbeitete sie 1916/17 gemeinsam mit Fanny van de Velde an Produktionen für das Opernhaus in Hannover. 1934 übersiedelte K. mit ihrem Mann nach Stockholm. Dort entstanden u. a. Illustrationen für die schwedischen Verlage Sago-Konst, Kyrkans Diakonistyrelses und Albert Bonniers Förlag AB, für Methuen & Co (London) und Duell, Sloan & Pearce (New York City) sowie Kostümentwürfe für das Oscarsteatern in Stockholm. Ihrer Teilnahme am Herbstsalon in der Liljevalchs Konsthall 1934 gingen diverse Ausstellungsbeteiligungen voraus, u. a. an den Wiener Kunstschauen 1908 und 1909 (Malerei), der Kölner Werkbundausstellung 1914 (Bahlsen-Verpackungen), der Modeausstellung 1915/16 im ÖMKI (Kinderkleider, die vom Museum angekauft wurden) und der Plakatausstellung 1929 ebenda. In einem Empfehlungsschreiben für Schweden bescheinigte der ÖMKI-Bibliotheksleiter →Hans Ankwicz-Kleehoven der Künstlerin seltene zeichnerische Sicherheit, reiche Phantasie und die besondere Anpassungsfähigkeit an verschiedene Stile – sie könne „modern“ sein, aber auch in der Art des Biedermeier oder der englischen Kinderbuch-Illustration arbeiten. Diese Vielseitigkeit zeigt sich besonders in den Postkarten für die WW und erstreckt sich ebenso auf die angewandten Techniken: K. experimentierte mit Tunkpapieren als Hintergrund oder mit der Collage als Gestaltungsmittel für ihre Modedarstellungen und erzielte damit ausgesprochen künstlerische Wirkungen. Innerhalb der Werbegraphik sticht besonders die zwölfteilige Sammelmarken-Serie E für Bahlsen hervor. Sehr reduziert und dennoch erzählerisch werden hier die verschiedenen Lebensabschnitte der Frau, vom Baby bis zur Greisin, wiedergegeben. K. wurde mehrfach von Photographinnen wie Madame d’Ora (1912) oder Trude Fleischmann (1920er-Jahre) porträtiert. Sie war Mitglied des Bunds Österreichischer Gebrauchsgraphiker, der Freien Vereinigung (Vorläufer der Wiener Frauenkunst), des Österreichischen Werkbunds, der Vereinigung bildender Künstlerinnen (VBKÖ) und der Wiener Frauenkunst. Ein Großteil ihrer Arbeiten wird im MAK – Museum für angewandte Kunst Wien aufbewahrt.

L.: Neues Wiener Journal, 28. 7. 1919; AKL; Fuchs, Geburtsjgg.; The Studio 39, 1907, S. 327, 330, 88, 1924, S. 290, 293; Jung-Wien. Ergebnisse aus der Wiener Kunstgewerbe-Schule, 1907, S. 35; Deutsche Kunst und Dekoration 38, 1916, S. 86; Moderne Welt 7, 1926, H. 17, S. 6 (mit Bild); Intermezzo Berlin. Wiener in Berlin 1890–1933, ed. A. Kühnel, Berlin 1998, S. 30, 52 (Kat.); A. Scherp, in: Weihnachtszeit, ed. N. Gockerell, München 2000, S. 131ff. (Kat.); E. Schmuttermeier – Ch. Witt-Dörring, Postcards of the Wiener Werkstätte, 2010, s. Reg.; Die Frauen der Wiener Werkstätte, ed. A.-K. Rossberg u. a., Wien 2020, S. 234 (Kat.); Wien Geschichte Wiki (Zugriff 30. 6. 2021); Pfarre St. Leopold, Wien.
(A.-K. Rossberg)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)