Kofler, Adelheid (1889–1985), Mineralogin und Medizinerin

Kofler Adelheid, Mineralogin und Medizinerin. Geb. Haugsdorf (Niederösterreich), 24. 6. 1889; gest. Innsbruck (Tirol), 27. 7. 1985; röm.-kath. Tochter des Staatsbeamten und Bahnhofsvorstands Josef Schaschek und dessen Frau Barbara, geb. Tesar; ab 1921 verheiratet mit dem Pharmakologen Ludwig Kofler (geb. Dornbirn / Vorarlberg, 30. 11. 1891; gest. Innsbruck, 23. 8. 1951, Selbstmord). – Nach Besuch der Bürgerschule in Amstetten und ab 1903 des städtischen Mädchenlyzeums in Brünn studierte K. ab 1907 als außerordentliche, ab 1911 als ordentliche Hörerin Naturwissenschaften an der Universität Wien. 1911 legte sie auch die Lyzeallehramtsprüfung für Mathematik, Naturgeschichte und Physik sowie 1912 die Turnprüfung für Lehrerbildungsanstalten und höhere Mädchenschulen ab. Neben ihrer Unterrichtstätigkeit am Mädchenlyzeum in Wien-Mariahilf arbeitete sie an einer Dissertation unter der Leitung von →Friedrich Becke; 1913 Dr. phil. Ab 1917 studierte K. Medizin an der Universität Wien (1921 Dr. med.) und spezialisierte sich zunächst im Fach Augenheilkunde. 1926 übersiedelte sie mit ihrer Familie nach Innsbruck. Ab den frühen 1930er-Jahren unterstützte K. ihren Mann bei seinen Forschungen am pharmakognostischen Institut der Universität Innsbruck. Hier nutzte sie die in der Mineralogie erworbenen kristallographischen und optischen Kenntnisse zur Identifizierung kristallisierter Stoffmengen. Auf der Grundlagenforschung ihres Mannes zur Thermoanalyse von Substanzen aufbauend, arbeitete K. die Mikro-Thermoanalyse von Zwei- und Dreistoffsystemen aus. In der Kontaktmethode (K.-Kontakt-Methode) zur thermischen Analyse schuf sie eine Möglichkeit, ohne Serienversuche an einem einzigen mikroskopischen Präparat das thermodynamische Verhalten zweier Stoffe qualitativ zu erfassen. Insbesondere lag ihr Schwerpunkt in der Polymorphieforschung. Sie stellte Studien über das Verhalten von Mischkristallen beim Schmelzen und Kristallisieren an. Gemeinsam mit ihrem Mann entwickelte sie das weltweit anerkannte K.-Heiztischmikroskop (Thermomikroskop) und die K.-Heizbank. Von ihren wissenschaftlichen Werken sind ihre Beiträge „Mikroskopische Untersuchungen der Mutterkornalkaloide I. Ergotamin und Ergotaminin“ (in: Archiv der Pharmazie 274, 1936) und „Polymorphie organischer Stoffe: Acridin, Brenzcatechin, Diphenylamin und Korksäure“ (in: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 76, 1943) sowie die mit ihrem Mann verfasste, mehrfach aufgelegte Monographie „Mikro-Methoden zur Kennzeichnung organischer Stoffe und Stoffgemische“, 1945 (2. Auflage 1948, 3. vermehrte Auflage 1954) erwähnenswert. 1954 erhielt K. den Fritz-Pregl-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sie war ab 1912 Mitglied der Wiener Mineralogischen Gesellschaft, später Ehrenmitglied der Universität Wien, sowie ab 1961 der American Microchemical Society und ab 1969 der Österreichischen Gesellschaft für Mikrochemie und Analytische Chemie. 1980 erhielt sie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse.

Weitere W.: s. Poggendorff.
L.: Tiroler Tageszeitung, 23. 6. 1979; Poggendorff 7a (m. W.); M. Kuhnert-Brandstätter, in: Mikroskopie 14, 1959, S. 65f. (m. B.); H. Eickhoff, in: Österreichische Apothekerzeitung 23, 1969, S. 435; M. Hamilton, Schaschek A., in: Die Schüler F. J. K. Beckes …, rer. nat. Diss. Wien, 2009, S. 165–167; F. Pertlik – J. Ulrych, Personalbiographien der Alumnae des Faches „Mineralogie und Petrographie“ (Universität Wien) und der weiblichen Mitglieder der Wiener Mineralogischen Gesellschaft (WMG) in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt 150, 2010, S. 448f. (m. B.); UA, Wien.
(M. Hamilton)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)