Kolessa Filaret Mychajlovyč, Volkskundler, Komponist, Musik- und Literaturwissenschafter. * Tatarsko, Bez. Stryj (Galizien), 17. 7. 1871; † Lemberg, 3. 3. 1947. Bruder des Folgenden. Zuerst Zögling des griech.-kath. Zentralseminars in Wien, 1891/92 stud. er an der Univ. Wien Theol. und hörte auch Harmonielehre bei A. Bruckner (s. d.), 1892–96 stud. er an der Univ. Lemberg vor allem ruthen., slaw. und klass. Philol. und ukrain. Geschichte und unterrichtete ab 1898 an Gymn. in Lemberg, Stryj und Sambor. 1906 studienhalber beurlaubt, hörte er Musikgeschichte bei G. Adler (s. d.) und slaw. Philol. bei V. v. Jagić (s. d.) an der Univ. Wien, setzte seine wiss. Arbeiten dann in Stockholm und Berlin fort, 1907 Gymn. Prof. für ukrain. Sprache in Lemberg, 1918 wurde er an der Univ. Wien zum Dr.phil. promov. (Über die Form der ukrain. [kleinruss.] rezitierenden Gesänge, phil. Diss., Wien, 1911). Ab 1939 war K. Prof. an der Univ. Lemberg, ab 1940 Dir. des dortigen ethnograph. Mus. K. hielt Referate auf internationalen Kongressen und Tagungen, u. a. in Österr., Belgien, der Tschechoslowakei, Polen. Seine folklorist. Arbeiten erlangten weltweite Anerkennung. Er legte grundlegende Smlgn. ukrain. Volkslieder an und erforschte den poet. und musikal. Stil der ukrain. Liedfolklore im Zusammenhang mit dem Liedgut anderer Völker. Mit seinen theoret. Arbeiten schuf er die Anfänge für eine typolog. Erforschung der ukrain. Volksmusik. Er machte als erster mit Hilfe des Phonographen zahlreiche Aufnahmen der Weisen ukrain. volkstümlicher Dumy bei den Kobsaren (Rhapsoden) des Gebietes von Poltava und Char’kov und war ein Verfechter der Theorie von der volkstümlichen Herkunft des Epos. K. ist der Verfasser vieler Volksliedbearbeitungen und Originalkompositionen. Mitgl. der Ševčenko Ges. der Wiss. und der Ukrain. Akad. der Wiss.