Kornhäusel, Josef Georg (1782-1860), Architekt

Kornhäusel Josef Georg, Architekt. * Wien, 13. 11. 1782; † Wien, 31. 10. 1860. Sohn des bürgerlichen Baumeisters Johann Georg K. Ging zuerst bei seinem Vater in die Lehre (1795 Freispruch als Maurergeselle), später bei J. Reymund, bürgerl. Baumeister. 1811 hat er das Gewerbe seines Vaters „anheim gesagt“. Seine akadem. Ausbildung ist unbekannt. Ab 1802 machte er selbständige Bauentwürfe und bewarb sich bereits 1806 um die Architektur-Lehrkanzel in Krakau (sein Konkurrenzentwurf, ein Dombau mit ovaler Kuppel, hatte den Vorzug errungen, doch zog er ihn aus persönlichen Gründen zurück). 1808 Mitgl. der Akad. der bildenden Künste in Wien (das Gesuch mit Angabe seiner bisherigen Bauten stellt die einzige Quelle der Werke vor 1807 dar). Als Nachfolger J. Hardtmuths (s. d.) stand K. 1812–18 im Dienste des Fürsten Joh. v. Liechtenstein als Liechtensteinscher Baudir. und Chef des Bauamtes. K., konsequenter Vertreter des Klassizismus im Wr. Vormärz, war einer seiner besten und produktivsten Repräsentanten. Seine Architektur zeichnet sich aus durch ruhige Proportionierung und geschmackvoll-elegante Verwendung der Details. Er übersetzte die modernen Bauformen des Empire in eine mehr private, bürgerliche, aber sehr gepflegte Sprache. Darauf beruhte auch seine große Beliebtheit bis zum Ende der 30er Jahre. Dann allerdings war seine Architektur nicht mehr gefragt und er geriet sehr bald in Vergessenheit. Sein frühester bekannter Bau in Wien ist das 1802 begonnene Haus Weihburggasse 3, das Hotel „Zur Kaiserin von Österreich“ (heute „Kaiserin Elisabeth“). K.s Hauptwerk war die Weilburg in Baden, 1820–23 für Erzh. Karl (s. d.) errichtet (1945 zerstört), eine weitläufige Anlage im Pavillonsystem auf einer Anhöhe, die einzelnen Blöcke zu monumentaler Größe des Ganzen straff organisiert. Wie bei den meisten seiner Bauten so hat K. auch hier die Innenausstattung bis ins Detail selbst entworfen und in J. Klieber (s. d.) den kongenialen Bildhauer gefunden. Ab 1827 beschäftigte sich K. mit dem sukzessiven Umbau des Wr. Schottenstiftes (1835 beendet), für welchen mehrere Entwurfsänderungen notwendig waren. K.s letzter großer Auftrag war die Fertigstellung (1834–42) der von Allio 1730 begonnenen Gebäudeteile im Stift Klosterneuburg, und zwar des westlichen Hoftraktes und Teile des Einfahrtstraktes. Die ovale Einfahrtshalle wurde unterteilt und darüber die Bibl. installiert. Das Äußere gestaltete K. im Anschluß an die barocken Pläne Allios. Freundschaft verband ihn mit P. Nobile, F. Jäger jun. (s. d.) und A. Stifter.

W.: in Wien: 16., Ottakringer Straße 235, 1804; 3., Rennweg 56, 1805; 2., Zirkus Bach, Prater, 1807/08 (1852 demoliert); 13., Hietzinger Theater, 1816; 8., Josefstädter-Theater, 1822; 1., Inneres der Albertina, nach 1822; 1., Seitenstettengasse 4, mit eingebauter Synagoge, 1824–26, 2, mit Kornhäuselturm, 1825–27, 5, Seitenstettnerhof, 1825–30; 7., Kloster der Mechitharisten, 1836–37; etc; in Baden: Theresiengasse 10, 1807; Theaterplatz 1, 1812; Rathaus, 1815; Sauerhof, 1820–23; Engelsbad, 1820–22; etc. Schloßbau mit engl. Gartenanlage, Jeutendorf bei St. Pölten, 1807; Husarentempel bei Mödling, 1812; Teichschloß bei Eisgrub, 1814; Zubauten an das Eisgruber Schloß, 1814; Apollotempel im Liechtensteinschen Naturpark zwischen Eisgrub und Feldsberg, 1818; Pfefferbüchsl, Brühl, 1818; etc. Zahlreiche Entwürfe.
L.: Wr. Ztg. vom 3. 11. 1860 und vom 30. 10. 1960; Die Presse vom 30. 10. 1960; H. Herzmansky, J. K., eine Künstlermonographie, phil. Diss. Wien, 1964; Mitt. der Ges. für vergleichende Kunstforschung, 1950, S. 69; R. Wagner-Rieger, Das Wr. Bürgerhaus des Barock und Klassizismus, 1957; E. Kaufmann, Architecture in the Age of Reason, 1955; Wr. Geschichtsbll., Jg. 16, 1961, S. 347 ff.; Thieme–Becker; Wurzbach.
(Herzmansky)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 17, 1967), S. 132f.
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