Krebs, Norbert (1876-1947), Geograph

Krebs Norbert, Geograph. * Leoben (Stmk.), 29. 8. 1876; † Berlin, 5. 12. 1947. Sohn eines Bahnbeamten; stud. 1896–1902 an der Univ. Wien, wo A. Penck, W. Tomaschek, E. Sueß und O. Redlich seine hervorragendsten Lehrer waren und er dem in voller Blüte stehenden Ver. der Geographen (mit A. Grund, F. Machatschek, G. Götzinger, H. Hassinger, R. Lucerna u. a.) als sehr aktives Mitgl. angehörte. 1900 Dr.phil. Nach Ablegung der Lehramtsprüfung in der für sein wiss. Wirken bedeutungsvollen Fachverbindung von Geographie und Geschichte und nach kurzer Tätigkeit als Probelehrer in Wien, wirkte er bis 1907 am dt. Gymn. in Triest, ab 1907 an der Realschule in Wien XIII. und ab 1909 auch als Priv.-Doz. für Geographie an der Univ. Wien, 1917 o. Prof. an der Univ. Würzburg, 1918 in Frankfurt a. M., 1920 in Freiburg i. Br., 1927–43 an der Univ. Berlin. 1943–46 lebte er in Kritzendorf bei Wien, kehrte aber 1946 wieder nach Berlin zurück und übte an der Univ. wieder sein Lehramt aus. Für sein wiss. Werk ist die hervorragende Vertrautheit mit den von ihm behandelten Räumen durch eigene, auf zahlreichen Reisen und Exkursionen gewonnene Anschauung eine Hauptgrundlage. Neben den österr. Alpen wurden zunächst die Gebiete des dinar. Karstes und in der Folge weitere Gebiete der Österr.-Ung. Monarchie und der südosteurop. Halbinsel in seinen Arbeitsbereich einbezogen, denen er aber auch später viele wertvolle Beitrr. widmete. Von Wien aus führte er auch große Exkursionen nach Ungarn, Dalmatien, Serbien, Sizilien, Tunis und Ägypten. Von seiner Berufung nach Würzburg an trat der süddt. und später der ganze dt. Kulturraum in Mitteleuropa stärker in den Vordergrund seiner Arbeiten. 1931/32 unternahm er eine große, überaus erfolgreiche Forschungsreise nach Vorderindien. Das Hauptergebnis war die große Länderkde. von Vorderindien und Ceylon, die das erste deutschsprachige Hdb. dieses Gebietes darstellte und wieder auch von Einzeldarstellungen ind. Landschaften ergänzt wird. Schon K.s erste gedruckte Arbeit, ein Ber. über die große Exkursion des Geograph. Inst. der Univ. Wien nach Bosnien, Herzegowina und Dalmatien (1899) war den österr. Karstgebieten gewidmet, für die er in der Folge Literaturberr. (für die Jahre 1897–1904 und 1905–08), weitere Exkursionsberr. und eine große Zahl von Einzeluntersuchungen veröff. hat. Schon in vorausgehenden Stud. (1904, 1906 zur Geomorphol., besonders zu der richtig erkannten Natur der alten Abtragungsflächen des Gebietes, 1905 zur Bevölkerungsdichte) waren Teilergebnisse der geschlossenen länderkundlichen Darstellung der Halbinsel Istrien gewonnen worden, mit der er sich an der Univ. Wien für Geographie habilit. konnte. Nach kleineren Arbeiten erschien 1913 die große „Länderkunde der österreichischen Alpen“ und nach weiteren tw. grundlegenden Stud. (so über die klimat. bedingten Bodenformen in den Alpen, 1925) 1928 die durch sorgfältige Verwertung des weiter erschienenen umfangreichen Schrifttums ausgezeichnete 2. Aufl., nunmehr unter Berücksichtigung der großen polit. Veränderungen mit Einbeziehung der außeralpinen Teile Österr. „Die Ostalpen und das heutige Österreich“. Das Werk stellt die auch heute noch nicht übertroffene Länderkunde von Österreich dar. Zahlreiche weitere Arbeiten erschienen, darunter die im Zuge planmäßiger Erforschung der im Ersten Weltkrieg besetzten Gebiete entstandene und z. T. unerforschtes Neuland erfassende länderkundliche Behandlung von Serbien und Raszien. Bereits 1911 hatte er die Häfen der Adria behandelt, während des Ersten Weltkrieges folgten geograph. Darstellungen der Kriegsschauplätze und der Grenzgebiete, die auf seiner großen Vertrautheit mit dem Raum der Donaumonarchie fußen. Wiederum nach vorangegangenen Einzeluntersuchungen verfaßte er eine große länderkundliche Darstellung von Süddeutschland. Eine bedeutende Leistung stellt der leider unvollendet gebliebene Atlas des dt. Lebensraums in Mitteleuropa dar, von dessen nach langer Vorbereitung seit 1937 erschienenen Kartenbll. drei K. selbst zum Verfasser haben. Als letzte große, den ganzen Reichtum an Gedanken und Kenntnissen dartuende Leistung erschien erst nach seinem Tode die „Vergleichende Länderkunde“. In ihr werden die einzelnen geograph. Erscheinungen zunächst in vergleichender Übersicht für die Erde als ganzes überblickt und dann in der speziellen vergleichenden Länderkde. die Großräume der Erde in Gegenüberstellungen überschaut. Neben den vielen Einzelarbeiten, die tw. als Vorstud. für seine länderkundlichen Werke gelten dürfen, tw. auch später verfaßte vertiefte Darstellungen von Einzellandschaften sind, sind jene hervorzuheben, in denen auf konkreter regionaler Grundlage oder auch in weitgespanntem Vergleich Ergebnisse zur allg. Geographie gewonnen werden. Unter den anthropogeograph. Problemen treten besonders Fragen der Bevölkerungsgeographie in den Vordergrund, denen er auch eine eigene Arbeit gewidmet hat. Wiederholt nahm er auch zu method. Fragen der Geographie, ihrem Wesen und ihren Aufgaben Stellung. Als Länderkundler führend, war K. auch durch Arbeiten zur Geomorphol., Bevölkerungsgeographie und anderen Zweigen der Geographie wegweisend. Die allseitige länderkundliche Erfassung der von ihm behandelten Räume war stets sein eigentliches Arbeitsziel, dem sich vielfach auch seine allg. geograph. Untersuchungen trotz ihres hohen eigenen Wertes unterordnen. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. o. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Berlin, korr. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, Mitgl. der k. Leopoldin.-Carolin. Dt. Akad. der Naturforscher und Ärzte in Halle, Mitgl. der Jugoslaw. Akad. der Wiss.

W.: Aus dem Grenzgebiete zwischen Alpen und Karst, in: Z. für Schulgeographie, Jg. 27, 1905; Die Halbinsel Istrien ( = Geograph. Abhh. 9, H. 2), 1907; Das Klagenfurter Becken, in: Geograph. Z., Jg. 15, 1909; Die Häfen der Adria ( = Meereskde., Jg. 5, H. 9), 1911; Die Verteilung der Kulturen und die Volksdichte in den österr. Alpen, in: Mitt. der Geograph. Ges., Jg. 55, 1912; Die bewohnten und unbewohnten Areale der Ostalpen, in: Geograph. Z., Jg. 18, 1912; Länderkde. der österr. Alpen ( = Bibl. länderkundlicher Hdbb. 1), 1913, 2. Aufl.: Die Ostalpen und das heutige Österr., 1928, Nachdruck 1966; Die Kriegsschauplätze auf der Balkanhalbinsel, gem. mit F. Braun ( = Die Kriegsschauplätze, hrsg. von A. Hettner, H. 4), 1916; Das österr.-italien. Grenzgebiet ( = Die Kriegsschauplätze, hrsg. von A. Hettner, H. 6), 1918; Die Verbreitung des Menschen auf der Erdoberfläche ( = Aus Natur und Geisteswelt, Bd. 632), 1921; Beitrr. zur Geographie Serbiens und Rasciens, 1922; Süddeutschland ( = Landeskde. von Deutschland, hrsg. von N. Krebs, Tl. 1), 1923; Geograph. Führer durch Freiburg und Umgebung, gem. mit H. Schrepfer ( = Smlg. geograph. Führer 2), 1927; Talnetzstud., in: Sbb. der Preuß. Akad. der Wiss., phys.-math. Kl., 1937; Vorderindien und Ceylon. Eine Landeskde. ( = Bibl. länderkundlicher Hdbb. 6), 1939; Über Wesen und Verbreitung der trop. Inselberge, in: Abhh. der Preuß. Akad. der Wiss., math.-nat. Kl., 1942; Vergleichende Länderkde. ( = Geograph. Hdbb., N. F. 11), 1951, 2. Aufl. 1952; etc. Hrsg.: Berliner geograph. Arbeiten, gem. mit H. Louis, 1932 ff.; Atlas des dt. Lebensraumes in Mitteleuropa, 4 Lfgn., 1937–42; etc.
L.: Almanach Wien, 1948; Erdkde., Bd. 2, 1948, S. 200 ff.; Forschungen und Fortschritte, Jg. 24, 1948, S. 142 f.; Berr. zur dt. Landeskde. 7 (1949/50), 1950, S. 51 ff.; Mitt. der Geograph. Ges. Wien 92, 1950, S. 81 ff.; Die Stmk. Land, Leute, Leistung, 1956, S. 289; Kürschner, Gel. Kal., 1941/42; Wer ist’s? 1935.
(Spreitzer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 18, 1968), S. 240ff.
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