Kubeš, Jan František (Johann Franz) (1842–1925), Buchdrucker, Verleger und Politiker

Kubeš Jan František (Johann Franz), Buchdrucker, Verleger und Politiker. Geb. Trebitsch, Mähren (Třebíč, CZ), 25. 6. 1842; gest. ebd., 28. 3. 1925; röm.-kath. Sohn des Kolonialwarenhändlers Franz (František) Kubeš (Kubesch) und dessen Frau Franziska (Františka), geb. Kovaříková, Bruder von Adolf Kubeš und Ferdinand Karel Kubeš (beide s. u.), Cousin des Buchhändlers und Verlagsgründers Jindřich Lorenc, Vater von Jindřich Kubeš, Otakar Kubeš und Bohumil Kubeš; ab 1867 mit Antonie, geb. Hassková (1844–1920), verheiratet. – Nach dem Besuch der Bürgerschule wurde K. wohl in Prag beim Verleger und Buchhändler Ignaz Leopold Kober ausgebildet; 1864–65 arbeitete er in der Filiale des Kober-Verlags in Deutschbrod, 1866 wurde er deren Direktor. 1871 kehrte er zurück nach Trebitsch, erhielt die Buchhändlerkonzession und gründete ein eigenes Unternehmen. Daneben betrieb er eine Buchleihstelle, eine Buchbinderei und ab 1876 auch eine Druckerei, die sich v. a. auf die Produktion von Flugblättern, Prospekten, Visitenkarten, Jahresberichten, Gesetzsammlungen, Gesangbüchern, Kalendern, verschiedenen Kirchen-, Wirtschafts- und Unterhaltungsschriften sowie auf Belletristik und Fachliteratur aus der bzw. über die Region konzentrierte; einzelne Versuche, auch dauerhaft überregionale Literatur zu veröffentlichen (Sammlung „Kubešova bibliotéka Moravská“), scheiterten. Kurze Zeit führte er zusätzlich eine Filiale in Groß Meseritsch (1874–78), ab 1880 arbeitete er mit seinem Cousin Jindřich Lorenc zusammen, der die Buchhandlung betrieb und später auch einen eigenen Verlag gründete. 1883 wurde er stellvertretender Vorsitzender der mährischen Buchdruckereigewerbe. 1884–98 gab K. u. a. die erste tschechischsprachige Zeitung der Region „Listy ze západní Moravy“ heraus, im Verlagsprogramm befanden sich auch die Musikzeitschriften „Lyra moravská“ bzw. „Mährische Musik-Zeitung“ (1877) und „Varyto“ (1878–91). Ab Ende des 19. Jahrhunderts übernahmen allmählich seine Söhne Jindřich, Otakar und Bohumil die Führung und dehnten ihre Tätigkeit auf andere Städte Westmährens, später auch auf Znaim aus. 1908 wurde der Hauptsitz der Firma in Trebitsch erweitert und saniert, 1918 wurde die Buchdruckerei zur Ges. m. b. H. („J. F. Kubeš, spol. s.r.o“) mit den Teilhabern Otakar und Bohumil. Der Betrieb wurde schließlich nach finanziellen Problemen 1935 an die bürgerliche Sparkasse verkauft und 1949 verstaatlicht. Ab den 1860er-Jahren unterstützte K. als Mitglied der Nationalen (Alttschechischen) Partei entschieden die tschechische Nationalbewegung durch entsprechende kulturelle (Vereinswesen) und politische Agitation (1873 Gründung des Politický spolek Třebíč, 1879–92 dessen Geschäftsführer, später Politický klub českého živnostnictva pro Moravu, Mitglied des tschechischen Schutzvereins Národní jednota pro jihozápadní Moravu und des Studentenvereins Radhošť). Ab 1879 gehörte er dem Gemeinderat an, nach der Rückeroberung des Magistrats durch die tschechische Seite war er 1882 Bürgermeisterstellvertreter und wurde 1883 zum Bürgermeister gewählt. In den 1890er-Jahren versuchte er mehrmals bei den Reichsratswahlen für die Alttschechische Partei zu kandidieren. Er machte sich um Einrichtungen ökonomischer (Bürger-, Gewerbe-, Handelsschule, Wasserleitung, Kraftwerk), gesundheitlicher bzw. karitativer (Spital, Waisenhaus) sowie kultureller Art (Stadtbibliothek, Museumsverein und Industriemuseum) verdient, gleichzeitig wurde er jedoch wiederholt beschuldigt, sich als Bürgermeister, mehrfacher Funktionär und zugleich Unternehmer erheblich zu bereichern; auch die Arbeitsbedingungen in seiner Firma waren wiederholt Angriffsziel der sozialdemokratischen Opposition. 1907 legte er das Amt zurück. Er wurde 1898 Ritter des Franz Joseph-Ordens. Sein jüngerer Bruder, der Pädagoge und Historiker Adolf (Adolph Ignatz) Kubeš (geb. Trebitsch, 31. 1. 1845; gest. Brünn, Mähren / Brno, CZ, 16. 6. 1908; röm.-kath.), maturierte 1864 am Gymnasium in Znaim und studierte bis 1869 Bohemistik, Germanistik und Geschichte an der Universität Prag. Kurz war er als Supplent tätig, dann wirkte er an der Realschule in Leitomischl (1871) und an der Landesrealschule mit böhmischer Unterrichtssprache in Teltsch (1871–78), wo er zugleich Mitglied des Gemeinderats war. 1878 zog er nach Brünn und unterrichtete an der böhmischen Staats-Bildunganstalt für Lehrerinnen, ab 1882 an der Oberrealschule mit böhmischer Unterrichtssprache (Direktor 1888–1900), parallel war er auch Schulinspektor für böhmische Gemeindeschulen in Brünn-Umgebung (bis 1889). Daneben engagierte er sich kulturell und karitativ (Wissenschaftsverein Vědecký spolek, zusammen mit →Václav Royt Mitbegründer des Muzejní spolek v Brně). Vielseitig publizistisch tätig, veröffentlichte Adolf K. historische und philologische Aufsätze u. a. im „Časopis Matice moravské“, stenographische, pädagogische Beiträge in „Kalendář moravských učitelů“, „Pěstoun moravský“, „Škola a život“, „Učitelské listy“, „Národ a škola“ sowie belletristische Versuche mit moralisierendem Ton (auch als Kinderlektüre bestimmt) für „Humoristické listy“ und „Hvězda olomúcká“, kurzzeitig leitete er zudem die Buchreihe „Německá knihovna pro českou studující mládež“ im Verlag seines Bruders. 1898 wurde er zum Schulrat ernannt, 1900 pensioniert und mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgezeichnet. Der jüngste Bruder, der Fabrikant und Kaufmann Ferdinand Karel (Karl) Kubeš, Ps. Stařecký (geb. Trebitsch, 17. 10. 1849; gest. ebd., 1. 11. 1935; röm.-kath.), übernahm nach einer Kaufmannslehre um 1874/75 das Familiengeschäft. Wie K. war auch er in seiner Heimatstadt kulturell und politisch aktiv, etwa als Verwalter des tschechisch orientierten Národní dům (1871–1935). 1883 war er Gründungsmitglied, später Hauptmann des Turnvereins Sokol sowie Funktionär des Industriegremiums der Stadt; daneben wirkte er (bis 1903) als Mitglied des Magistrats. 1879 gründete er eine der ersten Soda- und Limonadenfabriken Zentraleuropas, die als ZON (Zdravotní Osvěžující Nápoje) mittlerweile im Besitz der fünften Generation seiner Familie (1949–92 verstaatlicht) ist. Sein Produkt wurde 1901 auf der internationalen Ausstellung für alkoholfreie Getränke in Paris ausgezeichnet, 1909 erhielt die Firma den Titel k. u. k. Hoflieferant. Später zog Ferdinand Karel K. sich aus dem politischen Leben zurück, 1919 übergab er die Firma an seinen Sohn Bohumil.

W.: Nachlass (auch von Adolf K.): Státní okresní archiv Třebíč, CZ. – Adolf K.: Dějepis města Třebíče 1, 1874.
L.: Horácko, 3. 4. 1925; V. Sameš, Stručné dějiny města Třebíče, 1972–79, S. 549, 559ff.; O. Urban, Kapitoly z dějin hudby v Třebíči, 1973–78, S. 170ff.; J. Janák – B. Kremláčková, Třebíč – dějiny města 2, 1981, s. Reg.; J. Joura, Procházky starou Třebíčí, 2004, S. 116ff., 124 (mit Bild); M. Lorenc, Bratři Kubešové v Třebíči, DA Brno, 2020; Slovník českých nakladatelství 1849–1949 (online, Zugriff 15. 5. 2021); Pfarre Třebíč-město, CZ (auch für Adolf und Ferdinand Karel K.). – Adolf K.: Český časopis historický 14, 1908, S. 368; F. Černý, in: Výroční zpráva 1. č. c.k. reálné školy v Brně, 1908, S. 87f.; R. Fišer, Třebíč: z historie benediktinského opatství, 2004, S. 18f.; I. Wernisch, Píseň o nosu, 2005, S. 220. – Ferdinand Karel K.: J. Bečková, in: Ad musealem laborem, 2005, S. 89ff.; Historická encyklopedie podnikatelů Čech, Moravy a Slezska do poloviny XX. století, ed. M. Myška, 2008, S. 198; Z. Čižmář, F. Kubeš, Příběh třebíčské limonády „Zon“, 2009.
(V. Petrbok)  
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)