Kubitschek Wilhelm, Althistoriker, Epigraphiker und Numismatiker. * Preßburg, 28. 6. 1858; † Wien, 2. 10. 1936. Stud. an der Univ. Wien 1875–79 klass. Philol., alte Geschichte, Epigraphik, Archäol. und gehörte der ältesten Schülergeneration des 1876 gegründeten archäolog.-epigraph. Seminares der Univ. Wien an, einer bald zu hohem Ansehen gelangten Lehr- und Forschungsstätte. Hier waren seine Lehrer O. Hirschfeld (s. d.) und O. Benndorf (s. d.). Nach Ablegung der Lehramtsprüfung aus klass. Philol. 1879 promov. er 1881 zum Dr. phil. und verbrachte anschließend ein Semester in Berlin, wo er Th. Mommsen hörte. 1881–96 war K. Gymnasiallehrer in Hollabrunn und Wien, seit 1888 auch Priv.-Doz. für alte Geschichte an der Univ. Wien. 1896 zum ao. Prof. für röm. Altertumskde. an der Univ. Graz ernannt, kehrte er 1897 wieder nach Wien als Kustos am Münzkabinett des kunsthist. Mus. und ao. Prof. für das gleiche Fach mit besonderem Lehrauftrag für antike Numismatik zurück. 1910–16 stand er als Dir. dem Münzkabinett (Abt. für antike und byzantin. Münzen) vor. In der Zentralkomm. für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale wirkte er im Dienste der prakt. Altertumskde. als Konservator und später Generalkonservator. An der Univ. richtete K. den numismat. Lehrapparat als wichtigen Behelf für seine Lehrtätigkeit ein, die die blühende Wr. Altertumsforschung jener Tage um einen nach langer Zeit wieder gepflegten Zweig bereicherte. 1905 bekam K. den Titel eines o. Prof., wurde 1916 Hofrat und an der Univ. Nachfolger von E. Bormann (s. d.). Sein Ordinariat für röm. Altertumskunde und Epigraphik erhielt bald darauf auch die röm. Geschichte zugewiesen. Diese seine Karriere krönende Professur hatte er bis zu seiner Emeritierung 1929 inne und war gleichzeitig neben E. Reisch und A. Wilhelm Mitdir. des ihm so vertrauten archäolog.-epigraph. Seminares. Seit seinen jungen Jahren hat K. ausgedehnte Studienreisen unternommen, durch die er weite Gebiete des Imperium Romanum, auch außerhalb Europas, durch Autopsie kennenlernte. Große Verdienste erwarb er sich durch die jahrelange redaktionelle Betreuung des von ihm begründeten Jb. für Altertumskde. (1907–13) und der Numismat. Z. (1908–27), die er zu einem führenden Fachbl. machte. In seinem auch dem Umfang nach imposanten Schrifttum schöpfte K. aus einem überreichen hist.-antiquar. Detailwissen, das alle Gebiete besonders der röm. Antike umfaßte und ihn einen Polyhistor zu nennen berechtigt. Seine antiquar. Neigungen prädestinierten ihn gerade zum Epigraphiker und Numismatiker, als der er in einem Großteil seiner Arbeiten ausgewiesen ist, führten ihn aber auch zu der Beschäftigung mit den Quellen der antiken Geographie und mit der antiken Chronol., schwierigen Materien, deren Bearbeitung er sich jahrzehntelang erfolgreich gewidmet hat. In all diesen Disziplinen erlangte er den Ruf eines führenden, durch bewunderungswürdige Gelehrsamkeit ausgezeichneten Fachmannes. Die Kenntnis der Geschichte der österr. Länder in röm. Zeit, insbesondere der Limeszone, wurde durch seine Carnuntum- und Vindobonaforschung sowie seine prakt. Tätigkeit als Generalkonservator wesentlich gefördert. K. war w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, Mitgl. von vielen anderen wiss. Inst., Ver., Ges. des In- und Auslandes, Präs. und zuletzt Ehrenpräs. der Numismat. Ges. in Wien. Die American Numismatic Society (New York) verlieh ihm als hohe Auszeichnung die Hundington-Medaille.