Kundrat, Johann (Hanns) (1845-1893), Pathologischer Anatom

Kundrat Johann (Hanns), Pathologischer Anatom. * Wien, 6. 10. 1845; † Wien, 25. 4. 1893. Stud. Med. an der Univ. Wien (1868 Dr. med.) und wurde dann, nachdem er schon während der Stud.-Zeit Demonstrator bei Hyrtl (s. d.) gewesen war, Ass. bei Rokitansky. 1873 Priv.Doz. für Patholog. Anatomie, wurde er 1875 ao., 1877 o. Prof. für Patholog. Anatomie an der Univ. Graz, 1882 o. Prof. an der Univ. Wien und Vorstand des Patholog.-anatom. Inst. sowie der Prosektur am Wr. Allg. Krankenhaus, 1887/88 Dekan der med. Fak., 1893 Hofrat. K.s Bedeutung für die patholog. Anatomie ist einerseits vor allem in seiner hervorragenden morpholog. Begabung, andererseits in seinem Bestreben, die gerade am Anfange ihrer Entwicklung stehende Bakteriol. und auch die noch junge Embryol. auf sein Spezialfach anzuwenden, gelegen. Aus diesen Umständen ist es verständlich, daß er sowohl als Vorstand des Grazer, wie auch des Wr. patholog. Inst. der Ausgestaltung der Mus. dieser Inst. besondere Aufmerksamkeit zuwandte. Hier sammelte und ordnete er jene Präparate, welche es ihm später möglich machten, auf Grund eines großen Untersuchungsgutes eigene Krankheitsbilder herauszuschälen, wobei vor allem auf das seinen Namen tragende Krankheitsbild der Lymphosarcomatose verwiesen sei. Bei diesem hob er erstmalig das Generalisierte des Krankheitsprozesses hervor und grenzte es gegenüber anderen malignen Gewächsen mit ihrer Primärtumor- und Metastasenbildung ab. Eingehende histolog. Kenntnisse, damals noch keineswegs Gemeingut aller Pathol., die er sich selbständig anzueignen wußte, unterstützten ihn bei diesen Forschungen sehr wesentlich. Ein gleiches gilt für seine Bedachtnahme auf die Erkenntnisse der Mikrobiol., die ihm besonders bei den bei der sogenannten „Hadernkrankheit“ zu sehenden Veränderungen, ebenso aber auch bei der von ihm als „Endocarditis bacterica“ bezeichneten Form der Herzklappenentzündung wichtige Anhaltspunkte gaben. Lebhaftes Interesse wandte K. der Erforschung der Mißbildungen zu. Teils in Form von ausführlichen Monographien (Die Porencephalie, Die Arhinencephalie), teils in wiss. Z. (Gesichtsspalten, Herz- und Gefäßfehlbildungen) legte er seine Forschungsergebnisse nieder. Mitbegründer der Wr. klin. Ws. und 1888 ff. deren Mithrsg.

W.: Anatom. Wandtafeln für den Anschauungsunterricht, 1871; Über die krankhaften Veränderungen der Endothelien, in: Med. Jbb., 1871; Die Selbstverdauungs-Processe der Magenschleimhaut, 1877; Die Porencephalie. Eine anatom. Stud., 1882; Arhinencephalie als typ. Art von Mißbildung, 1882; Zur Kenntnis der Orbitaltumoren, in: Med. Jbb., 1883; Über anatom. Befunde während der Influenza-Epidemie, in: Wr. klin. Ws., Jg. 3, 1890; Über Lympho-Sarcomatosis, ebenda, Jg. 6, 1893; etc.
L.: Wr. klin. Ws., Jg. 6, 1893, S. 323 ff.; WMW, Jg. 43, 1893, S. 810 f.; Mitt. des Ver. der Ärzte in Stmk., Jg. 30, 1893, S. 85 ff.; Feierl. Inauguration, 1893/94; Hirsch; Pagel; Eisenberg, 1893, Tl. 2; L. Schönbauer, Das med. Wien, 2. Aufl. 1947; Lesky, s. Reg.
(Chiari)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 19, 1968), S. 350
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