Lambertz, Maximilian (1882–1963), Sprachwissenschaftler und Pädagoge

Lambertz Maximilian, Sprachwissenschaftler und Pädagoge. Geb. Wien, 27. 7. 1882; gest. Markkleeberg, Deutsche Demokratische Republik (D), 26. 8. 1963; röm.-kath., später evang. Sohn des Gymnasialdirektors Gottfried Lambertz (geb. Titz, Preußen / D, 1854; gest. Wien, 14. 10. 1930); verheiratet in 1. Ehe mit der Philologin und Gymnasiallehrerin Dr. Paula Lambertz, geb. Wahrmann (geb. Wien, 10. 10. 1881; gest. ebd., 22. 4. 1945). – Nach Besuch des Gymnasiums studierte L. ab 1900 an der Universität Wien vergleichende Sprachwissenschaft und klassische Philologie und legte 1905 die Lehramtsprüfung für Gymnasien aus klassischer Philologie und Deutsch ab. 1906 Dr. phil., war er danach in Wien und Pola als Gymnasiallehrer tätig. Anschließend übersiedelte L. nach München, wo er am „Thesaurus linguae latinae“ mitarbeitete. Nach Wien zurückgekehrt, nahm er seine Tätigkeit im Schuldienst wieder auf. Ab 1912 widmete er sich Studien auf dem Gebiet der klassischen Sprachen und des Albanischen, das schließlich in den Mittelpunkt seines wissenschaftlichen Interesses rücken sollte. Forschungsreisen führten ihn 1913 und 1914 in die albanischen Enklaven Unteritaliens und Siziliens. Im Frühjahr 1916 wurde er von der Balkankommission der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien zu linguistischen Studien nach Albanien entsandt, wo er als Mitarbeiter der Literarischen Kommission in Skutari an der Vereinheitlichung der albanischen Schriftsprache und am Ausbau des Schulwesens beteiligt war. Auf seinen Inspektionsreisen durch das Land betrieb L. Studien zu den lokalen Dialekten und sammelte albanische Folkloreliteratur, insbesondere Volksmärchen. Nach Kriegsende war er erneut Gymnasiallehrer in Wien. 1923 reichte L. seine italoalbanischen Dialektstudien als Habilitationsschrift an der Universität Wien ein, wurde jedoch ohne Begründung abgewiesen. 1924 erfolgte seine Bestellung zum Direktor des Bundesgymnasiums Wien-Leopoldstadt. Er betätigte sich außerdem als Volksbildner und hielt zahlreiche Kurse zur deutschen und internationalen Literaturgeschichte an Volkshochschulen ab. 1929–32 unterrichtete er Latein am Pädagogischen Institut in Wien. Unmittelbar nach den Bürgerkriegsereignissen im Februar 1934 wurde L., Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, aus dem Schuldienst entfernt und begann ein Studium der evangelischen Theologie. Trotz Approbierung seiner Dissertation im September 1938 wurde L., dessen Mutter einer jüdischen Familie entstammte, die Promotion verweigert. An der Evangelisch-Theologischen Fakultät trat er anschließend eine Stelle als Lektor für Latein, Griechisch und Hebräisch an. 1940 ging L. nach München, um seine ehrenamtliche Tätigkeit beim „Thesaurus linguae latinae“ wiederaufzunehmen. 1943 übersiedelte er nach Leipzig, wo er bis Kriegsende als Aushilfslehrer Beschäftigung fand und auch seine wissenschaftliche Tätigkeit, etwa als Mitarbeiter von „Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft“, fortsetzen konnte. Nach Kriegsende vorübergehend als Schulleiter tätig, fungierte L., der mittlerweile der Kommunistischen Partei Deutschlands beigetreten war, 1946–49 als Dekan der Pädagogischen Fakultät der Universität Leipzig. Im Jänner 1946 Honorarprofessor, ab Oktober desselben Jahres o. Prof. für vergleichende Sprachwissenschaft. L. war maßgeblich am Aufbau des Indogermanischen Instituts der Universität Leipzig beteiligt, das er bis Ende 1957 leitete. Darüber hinaus wirkte er an der Schulreform in der DDR mit. Er galt nach dem 2. Weltkrieg als führender Albanologe im deutschen Sprachraum. Zu seinen bedeutendsten wissenschaftlichen Leistungen zählen die Erforschung der albanischen Dialekte in Albanien wie in der Diaspora und die Erschließung und Sammlung albanischer Folkloreliteratur, insbesondere der Volksmärchen, die er durch seine Übersetzungen dem deutschsprachigen Publikum zugänglich machte. L. trat aber auch als Vermittler der modernen und zeitgenössischen albanischen Literatur hervor, vor allem durch seine 1958 erfolgte Übersetzung von Gjergj Fishtas Heldenepos „Lahuta e malcis“. Diese Bemühungen wurden jedoch durch die politischen Spannungen zwischen Albanien und der Sowjetunion zunehmend erschwert. 1957 wurde L. mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber der DDR ausgezeichnet, ebenso mit dem Bannerorden der Volksrepublik Albanien. 1962 Dr. phil. h. c. der Universität Leipzig, wurde ihm 1982 von der Universität Wien posthum der akademische Grad eines Magisters der Theologie zuerkannt.

Weitere W. (s. auch Uhlisch; http://lambertz.albanianphotography.net/index–htm–files/lambertz–publications.pdf): Lehr- und Lesebuch des Albanischen, 1913 (gem. m. G. Pekmezi); Gj. Fishta und das albanische Heldenepos Lahuta e Malcis, 1949; Lehrgang des Albanischen, 3 Bde., 1954–58; Die Volksepik der Albaner, 1958; etc. – Ed. und Übers.: Albanische Märchen (und andere Texte zur albanischen Volkskunde), 1922; Zwischen Drin und Vojusa. Märchen aus Albanien, 1922; Vom goldenen Horn. Griechische Märchen aus dem Mittelalter, 1922; Die geflügelte Schwester und die Dunklen der Erde. Albanische Volksmärchen, 1952; Albanien erzählt. Ein Einblick in die albanische Literatur, 1956. – Teilnachlass: UA, Leipzig, D; ÖNB, Handschriftensammlung, Wien.
N.: C. Haebler, in: Gnomon. Kritische Zeitschrift für die gesamte klassische Altertumswissenschaft 35, 1963, S. 846–848.
L.: Wiener Montagblatt, 19. 2. 1934; NDB; G. Uhlisch, in: Bedeutende Gelehrte in Leipzig 1, ed. M. Steinmetz – G. Haring, 1965, S. 261–267 (m. B.); Unvergessener Forscher und Lehrer – M. L., in: UZ – Universitätszeitung. Organ der Kreisleitung der SED 40, 1978, S. 2 (m. B.); K. Krause, Alma Mater Lipsiensis, 2003, S. 332 (m. B.); R. Elsie, M. L. (nur online, Zugriff 12. 3. 2012); Professorenkatalog der Universität Leipzig – catalogus professorum lipsiensis (nur online, Zugriff 15. 3. 2012); UA, Wien; Mitteilung Stephan Ganglbauer, Wien.
(Ch. Kanzler)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)