Leitner, Quirin von (1834-1893), Waffenhistoriker und Kulturhistoriker

Leitner Quirin von, Waffen- und Kulturhistoriker. * Kłaj b. Niepołomice (Galizien), 4. 6. 1834; † Wien, 23. 7. 1893. Sohn eines Off.; 1852 Lt., 1859 Teilnahme am italien. Feldzug. Auf Grund seiner vielseitigen militär. Verwendung (Komm. zur Verfassung der neuen Feldinstruktion, 1857–59 Generalquartiermeisterstab, Grenzregulierungskomm. des lombardo-venetian. Königreiches, 1859 militärgeograph. Inst., Landesbeschreibung- und kriegsgeschichtliches Bureau 1861 und 1864/65), wurde er nach Transferierung zum IR. 51 1866 zum Hptm. I. Kl. befördert. Ein k. Befehl beauftragte L. mit dem hist. Programm für die von K. v. Blaas (s. d.) auszuführenden Fresken in der Ruhmeshalle des neu errichteten k. k. Art.-Arsenals. Zugleich mit der Approbierung des vorgelegten Programms am 6. 9. 1865 erfolgte die für den weiteren Berufs- und Lebensweg L.s entscheidende Berufung zur wiss. Neuordnung und Katalogisierung des Art.-Arsenalmus. L. widmete sich mit der ihm eigenen Intensität der Bewältigung dieser Aufgaben und erkannte bald, daß die grundlegenden Provenienz-Unterschiede der durch mancherlei Umstände willkürlich vereinigten verschiedenartigen Objekte bei ihrer Neuaufstellung eindeutig unterschieden werden müssen: durch eine Sonderung in das Hofeigentum (ehemals k. Harnisch- und Waffenkammer oder Schatzkammer) und den Bestand des Militärärars (Kommiswaffen, Beutestücke und Schenkungen); somit ist die wiss. und rechtlich klare Trennung in Hof- und Staatseigentum allein den Erkenntnissen L.s zu verdanken. Sie wurde von einer durch das k. k. Kriegsmin. zur Prüfung eingesetzten Kommission als zutreffend anerkannt; die themat. Trennung ist auch nach 1918 bis zur Gegenwart unverändert beibehalten worden. Am 25. 12. 1868 sind die als Hofeigentum erkannten Gegenstände als Hof-Waffenmus. erklärt und damit dem Oberstkämmereramt unterstellt worden. Am 31. 12. 1868 trat L. als Schatzmeisteradjunkt und Vorstand dieses Mus. aus dem Militärdienst in den Hofdienst über. Seine rege publizist. Tätigkeit wird durch das damals (1870) völlig neuartige Interesse für die handwerklichen Leistungen gekennzeichnet; unter Verwendung archival. Materials und durch vergleichende Stud. an anderen Smlgn. begann L. die Zuschreibungen und die Namen der Meister zu erforschen. 1871 Schatzmeister, 1873 w. Reg.-Rat. In den Wintermonaten 1872/73 führte L., um die Reorganisation der Waffensmlg. im ehemaligen bürgerlichen Zeughaus am Hof gebeten, eine beachtenswerte Neuaufstellung durch. Neben den Arbeiten auf dem Gebiet der Waffenkde. liefen die Bestrebungen der materiellen und wiss. Umgestaltung (1871–73) der Schatzkammerbestände. 1873–75 gelang es L., alle kunsthist. Smlgn., einschließlich der Bestände auf Schloß Ambras in Tirol, zu einem wiss. und administrativen Ganzen zu koordinieren. 1875 wurde er zum Vertreter des Oberstkämmereramtes bei der von ihm angeregten Generalinventur ernannt und mit der Realisierung dieser richtungweisenden Neuorganisation betraut. 1877 krankheitshalber als Dir. der Waffensmlg., 1878 auch als Stellvertreter des Oberstkämmereramtes und als Schatzmeister i. R. L. wandte nun seine Aufmerksamkeit dem bereits 1876 geplanten wiss.-publizist. Organ der Kunstsmlgn., dem „Jahrbuch der Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses“ zu, dessen 1. Jg. 1881 erschien und allgemeine Anerkennung fand. 1887 krankheitshalber i.R. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1875 nob., 1885 Hofrat.

W.: Gedenkbll. aus der Geschichte des k. k. Heeres vom Beginne des Dreißigjährigen Krieges bis auf unsere Tage, Textbd., 1868, Tafelbd., 1861–64, 2. Aufl. o. J.; Die Waffensmlg. des österr. Kaiserhauses im k. k. Artillerie-Arsenal-Mus. in Wien, 1866–70; Die hervorragendsten Kunstwerke der Schatzkammer des österr. Kaiserhauses, 1870–73; Monographie des k. Lustschlosses Schönbrunn . . . , 1875; Ansichten aus dem k. Thiergarten b. Wien, 1876; Monographie des k. Lustschlosses Laxenburg, 1878; Freydal. Des K. Maximilian I. Turniere und Mummereien, 1880–82. Red. und Abhh. in Jb. der künsthist. Smlgn. des Allerhöchsten Kaiserhauses, 1881 ff.
L.: N. Fr. Pr. vom 25. 7. 1893; Jb. der kunsthist. Smlg. des Allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. 15, 1894, S. 398–405; Lhotsky, Tl. 2/2, 1945, S. 557 f., 576; K. A., Haus-, Hof- und Staatsarchiv, beide Wien.
(Hummelberger)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 22, 1970), S. 120f.
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