Leser, Ludwig (1890-1946), Politiker

Leser Ludwig, Politiker. * Neufeld a. d. Leitha (Burgenland), 11. 8. 1890; † ebenda, 30. 10. 1946. Besuchte das Benediktinergymn. in Ödenburg und wurde dann Privatbeamter. Nach längerem Aufenthalt im Ausland (Tätigkeit bei einer Ölindustrieges. in Triest) und Militärdienst während des Ersten Weltkrieges trat er in den Dienst der Neufelder Jutespinnerei. Als Obmann des Betriebsrates wurde er in den Komitatsrat entsendet, wo er sich vor allem für die Autonomie Westungarns einsetzte. Während der Räterepublik führte er diese Bemühungen als Gaukoär. Westungarns in verstärktem Maße fort. L. benützte seinen Einfluß, um die dt. Sprache in der Schule und bei den Behörden wieder einzuführen, und war darauf bedacht, den Übergriffen der kommunist. Zentralregierung nach Möglichkeit entgegenzuwirken. Nach dem Sturz des Räteregimes bestellte ihn die Regierung Peidl zum Regierungskoär. für Westungarn. Anschließend daran ging L. nach Budapest und kandidierte 1920 auf der sozialdemokrat. Liste, wurde aber nach dem Sturz Károlyis noch vor den Wahlen verhaftet. Er verbrachte 13 Monate in Untersuchungshaft in Steinabrückl und wurde schließlich wegen seiner polit. Tätigkeit in Ödenburg zu einem Jahr Kerker verurteilt. Es gelang ihm aber, nach Österr. zu flüchten, wo er sogleich den Kampf um den Anschluß des Burgenlandes an Österr. aufnahm. 1922 entsandte ihn die Sozialdemokrat. Partei in die 12gliedrige Landesverwaltungsstelle, 1922–34 bekleidete er ohne Unterbrechung unter 8 Landesregierungen die Funktion eines Landeshauptmannstellvertreters, ab 1924 auch die eines Landesparteiobmanns der Sozialdemokrat. Partei und ab 1922 des Obmanns der Burgenländ. Gebietskrankenkasse. 1934 emigrierte L. in die Tschechoslowakei, wo er — mit Unterbrechung durch einen Rücktransport nach Wien und mehrmonatiger Haft bei der Gestapo — als Privatmann den Krieg überdauerte. 1945 hatte L. wesentlichen Anteil an der Wiedererrichtung des 1938 als Verwaltungseinheit aufgelösten Burgenlandes und am Aufbau seiner Verwaltung. 1. 10. 1945–4. 1. 1946 provisor. Landeshptm., dann Landeshauptmannstellvertreter bis zu seinem Tod. Besondere Verdienste erwarb sich L. als Leiter des Kulturreferates in der Landesregierung; für sein Wirken beim Aufbau des burgenländ. Schul- und Bildungswesens sowie für die Förderung der Volkskde., der geschichtlichen Forschung und der Kunstdenkmälerpflege seiner Heimat wurde er 1931 Dr.phil.h.c. der Univ. Heidelberg.

W.: Die burgenländ. Schulschande, 1925; Bringt uns das neue Jahr die österr. Schule?, in: Burgenländ. Lehrerztg. 5, 1926, S. 1; Die polit. Gliederung des Burgenlandes, in: Volk und Reich 5, 1929, S. 31 ff.; Die wiss. Erschließung des Burgenlandes, in: 10 Jahre Burgenland, 1931, S. 32 ff.
L.: Wr. Ztg. und AZ vom 1. 11., Burgenländ. Freiheit vom 10. 11. 1946; Die Fähre, F. 2, 1946; Werk und Widerhall, Große Gestalten des österr. Sozialismus, hrsg. von N. Leser, 1964, S. 245 ff.; G. Schlag, Die Anfänge der Sozialdemokrat. Partei im Burgenland, phil. Diss. Wien, 1966, S. 52 ff.; O. Helmer, 40 Jahre Burgenland, 1961, S. 85 ff.; Allg. Landestopographie des Burgenlandes, Bd. 2, 1963, S. 774.
(Leser)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 22, 1970), S. 154f.
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