Lobkowitz, Josef Franz Maximilian Fürst von (1772-1816), Generalmajor und Mäzen

Lobkowitz Josef Franz Maximilian Fürst von, Herzog von Raudnitz, General und Mäzen. * Raudnitz a. d. Elbe (Roudnice nad Labem, Böhmen), 7. 12. 1772; † Wittingau (Třeboň, Böhmen), 16. 12. 1816. Aus der ersten Linie des Geschlechtes, Vater des Fürsten Ferdinand (s. d.), des Prinzen Johann (s. d.), des Folgenden und des Vorigen, Großvater der Prinzen Ferdinand (s. d.), Zdenko (s. d.) und Rudolf (s. d.), Vetter des Fürsten Anton (s. d.), Sohn des Fürsten Ferdinand Philipp (1724–84), der mit Karl Ph. Emanuel Bach und Ch. W. Gluck befreundet war und die damals sehr moderne Glasharmonika beherrschte. L. widmete sich ursprünglich dem Militärdienst, den er als GM beendete. Seine größte Leidenschaft war die Musik, für welche er auch in mißliche Vermögensverhältnisse geriet. 1794 errichtete L., der selbst Violine und Violoncello spielte, eine eigene Kapelle, in der ausgezeichnete Musiker wirkten. Viele Konzerte und Opern wurden im Lobkowitzer Schloß Eisenberg in Böhmen aufgeführt. L. spielte eine bedeutende Rolle bei der Gründung der „Jednota ku zvelebení hudebního uměni v Čechách“ (Ver. zur Förderung der Musikkultur in Böhmen), welche das Konservatorium für Musik in Prag 1811 eröffnet hatte, und war auch Gründungsmitgl. der Ges. der Musikfreunde in Wien (1812). Ab 1807 gehörte L. der Generaldion. der Wr. Hoftheater an, wo er die Oberdion. der Oper innehatte. L. erwarb sich um Beethoven (s. d.) und seine Werke hervorragende Verdienste. Fast alle größeren Kompositionen (Symphonien und Streichquartette) Beethovens hatten im Palais L. in Wien ihre Premiere. L. war auch einer der drei Kavaliere, die Beethoven 1809 eine lebenslängliche Rente zusicherten. Seinem Freunde und Mäzen L. (der auch Widmungsträger der beiden Quartette op. 77 Hoboken III/81–82 von J. Haydn war), widmete Beethoven folgende Kompositionen: Sechs Streichquartette op. 18 (1801), Symphonie n. 3 (Eroica) op. 55 (1806), das Tripelkonzert op. 56 (1807), Symphonie n. 5 und 6 op. 67 und op. 68 (1809), welche zugleich auch dem Fürsten Razumovskij gewidmet wurden, das sog. Harfenquartett op. 74 (1810) und den Liederkreis „An die ferne Geliebte“ op. 98 (1816). Die sog. Lobkowitz-Kantate schrieb Beethoven am 12. 4. 1823 zum 26. Geburtstag Ferdinands (s. d.), des ältesten Sohnes des Fürsten. Auch das Lied „In questa tomba oscura“ widmete Beethoven nicht direkt seinem Gönner, wie häufig irrtümlich angenommen wird. Er komponierte nur wie viele andere Komponisten denselben Text von G. Carpani für das Sammelwerk, das dem Fürsten gewidmet wurde.

L.: Allg. musikal. Ztg. 14, 1812, Sp. 305, 28, 1826, Sp. 498; Černušák–Štědroň– Nováček; Die Musik in Geschichte und Gegenwart; Riemann; Kosch, Theaterlex.; Katalog der Porträt-Smlg.; Masaryk 4; Otto 16; C. Leeder, Beethovens Widmungen, in: Die Musik 4/4 = 16, 1904/05; A. W. Thayer – H. Deiters – H. Riemann, L. v. Beethovens Leben, 1907–23; Th. v. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, 1926; G. Kinsky – H. Halm, Das Werk Beethovens. Themat.-bibliograph. Verzeichnis seiner sämtlichen vollendeten Kompositionen, 1955; A. v. Hoboken, J. Haydn, Themat. bibliograph. Werkverzeichnis I, 1957, S. 438; D. W. McArdle, Annuity Payments from Prince L. (= Minor Beethoveniana II/VI), in: The Musical Quarterly 46, 1960; E. Anderson, The Letters of Beethoven, 1961; J. Procházka, K Beethovenovým vztahům k české knížecí rodině Lobkoviců. Československá Beethoveniána (Die Beziehungen Beethovens zur tschech. fürstlichen Familie L. Tschechoslowak. Beethoveniana), in: Sborník Beethovenovy společností v ČSSR, Jg. 1, 1963; V. Blažek, Bohemica v lobkovickém zám. archivu (Bohemica im Lobkowitz. Schloßarchive), 1936; J. Branberger, Das Konservatorium für Musik in Prag 1811–1911, 1911; K. Fiala, Z hudební minulosti severočeského kraje (Aus der musikal. Vergangenheit des nordböhm. Kreises), 1969; L. Thürheim, Mein Leben, hrsg. von R. v. Rhin, in: Denkwürdigkeiten aus Altösterr., Bd. 11, Tl. 1, 1913; J. Fr. Reichardt, Vertraute Briefe, hrsg. von G. Gugitz, ebenda, Bd. 9, 1915; J. Th. Held, Einige Daten zu meinem Nekrolog, Manuskript, tschech. Auszug, in: Lidové noviny vom 26. 7. 1936.
(Tarantová)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 23, 1971), S. 260f.
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