Lobmeyr, Ludwig (1829-1917), Fabrikant

Lobmeyr Ludwig, Fabrikant. * Wien, 2. 8. 1829; † Wien, 25. 3. 1917. Sohn des Vorigen; besuchte 1841–43 die Realschule, 1843/44 die kommerzielle Abt. des k. k. Polytechn. Inst. und die Zeichenschule zu St. Anna. Ab 1840 wurde er als Glaser bei der Wr. Glasergenossenschaft und im väterlichen Geschäft ausgebildet, 1858 Meister. Er unternahm frühzeitig Reisen zu slawon. und böhm. Glashütten: 1847 nach Marienthal und Zwechewo, 1848 nach Neuwelt, 1849 nach Haida und Steinschönau, Adolf und Eleonorenhain. Durch die Vermählung seiner Schwester Luise mit dem Glasfabrikanten W. Kralik (s. d.), Eleonorenhain (1851), wurde die Zusammenarbeit der beiden Firmen sehr eng. Am 21. 4. 1859 wurde L. der Gesellschafter seines Bruders Josef L., der nach dem Tod des Vaters 1855 das Geschäft übernommen hatte; ab 21. 4. 1860 lautete der Name der Fa., welche sich u. a. auch an der zweiten Londoner Weltausst. (1862) beteiligte, J. & L. Lobmeyr, k. u. k. Hofglaser und Hofglaswarenhändler. Nach dem Tod seines Bruders (1864) führte L. das Geschäft als Alleininhaber bis 1902 weiter. Zu seinen Bemühungen um Neuerungen kam eine enge Verbindung mit dem 1864 gegründeten Österr. Mus. für Kunst und Industrie und eine intensive Zusammenarbeit mit vielen zeitgenöss. Künstlern, wie Hansen (s. d.), J. Storck, F. v. Schmidt. Die auf der Pariser Weltausst. (1867) gezeigten Objekte wurden mit einer silbernen Medaille ausgezeichnet. Bis zur Wr. Weltausst. (1873), die besonders reich beschickt wurde (u. a. mit einem Kronleuchter für 96 Kerzen, dem sog. „Kaiser-Service“ und einem Tafelaufsatz nach Hansen-Entwürfen), entstanden ca. 50 neue Trinkservice und zahlreiche andere Gegenstände, viele nach den Entwürfen L.s. 1876 beteiligte sich die Fa. an der Ausst. in Philadelphia sowie an der Dt. Kunst- und Kunstindustrie-Ausst. in München, 1878 an der Pariser Weltausst. 1879 fand eine große L.-Ausst. im Österr. Mus. für Kunst und Industrie in Wien statt. 1881 wurden eine Anzahl von Prunkgefäßen als Hochzeitsgabe für den Kronprinzen Rudolf, dann ein Geschenk zur Silberhochzeit des belg. Königpaares, das auf der Weltausst. Antwerpen (1885) zu sehen war, angefertigt. L., häufig auch als Juror tätig, beschickte u. a. die Erste Internationale Elektr. Ausst. in Wien (1883), auf der er die ersten elektr. Kristalluster zeigte, Ausst. in Triest und London (1884), in Wien, Barcelona, Brüssel und München (1888), die Weltausst. in Chicago und eine Österr. Kunstgewerbeausst. in Genf (1893), eine Ausst. in Antwerpen und die Österr. Kunstgewerbeausst. in Wien (1894) sowie die dritte Pariser Weltausst. (1900). Ab 1894 hatte L. seinen Neffen St. Rath († 1960) zur Mitarbeit herangezogen, welcher 1902 öff. Gesellschafter wurde und immer mehr die Agenden der Fa. übernahm, während L. bis zu seinem Tode nominell Inhaber und Leiter blieb. L., einer der profiliertesten Glasexperten seiner Zeit, wurde für seine Leistungen auf dem Gebiete der Glaserzeugung und -veredlung, die alle bekannten Dekorationstechniken umfaßte (Schliff und Schnitt, Gravierung, Emailmalerei, Vergoldung, irisierendes Glas, Farb- und Überfangglas, Stilkopien), vielfach geehrt und ausgezeichnet. Er wurde Mitgl. des Herrenhauses des österr. Reichsrats (1887), Ehrenmitgl. der Akad. der bildenden Künste und der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (1888), Ehrenbürger der Stadt Wien (1889), Ehrenmitgl. der Wr. Glasergenossenschaft (1909).

W.: Die Glasindustrie, ihre Geschichte, gegenwärtige Entwicklung und Statistik, gem. mit A. Ilg und W. Böheim, 1874; Werkzeichnungen ausgeführter Glasgegenstände, 18 Bde., Österr. Mus. für angewandte Kunst Wien.
L.: St. Rath, L. vom Adel des Handwerks, 1962; R. Schmidt, 100 Jahre österr. Glaskunst, 1924.
(Neuwirth)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 23, 1971), S. 263f.
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