Maly, Ida Franziska Sofia (1894–1941), Malerin und Graphikerin

Maly Ida Franziska Sofia, Malerin und Graphikerin. Geb. Wien, 22. 10. 1894; gest. Schloss Hartheim (Oberösterreich), 20. 2. 1941 (ermordet); röm.-kath. Tochter des Obereichmeisters Franz Maly und der Modistin Sophie Maly, geb. Tetauer, Schwester von →Paula Maly, Mutter der Malerin Elga Maly (geb. München, Deutsches Reich/D, 8. 1. 1921; gest. Graz, Steiermark, 1. 11. 1989); unverheiratet. – M. besuchte gemeinsam mit ihrer Freundin, der späteren Schauspielerin Martha Newes, das Gymnasium in Graz, 1910–12 gemeinsam mit Schwester Paula die Landeskunstschule Graz bei →Alfred Schrötter von Kristelli sowie 1914–15 die Kunstgewerbeschule in Wien bei →Oskar Strnad und →Franz Čižek. 1916–18 arbeitete sie in einer Fabrik in St. Pölten, ab 1918 hielt sie sich in München auf Einladung von Newes, von der sie zeitlebens unterstützt wurde, auf. Hier kopierte M. in den Museen und übernahm graphische Gelegenheitsarbeiten. Ihre 1921 unehelich geborene Tochter musste sie 1923 zu Pflegeeltern nach Graz geben. 1923 folgten Studienaufenthalte in Berlin und Dresden (Kopie von Rubens’ „Leda und der Schwan“), 1925 in Paris (Besuch einer freien Akademie). Nach ihrer Rückkehr nach Wien im selben Jahr verstärkten sich ihre psychischen Probleme sowie die finanziellen Nöte. 1927 wechselte M. daher nach München zu Newes, 1928 wieder nach Graz zu ihrer Schwester. Im selben Jahr erfolgte ihre Einlieferung in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt am Feldhof in Graz, 1934 die Verlegung nach Steinhof in Wien. 1941 wurde M. nach Schloss Hartheim bei Linz überstellt, wo sie im Rahmen des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms in der Gaskammer ermordet wurde. M., die ihre künstlerische Ausbildung nirgendwo abgeschlossen hatte, nahm aus den jeweiligen Stationen aber wesentliche Impulse auf. Ihr frühes Werk zeigt Elemente des Expressionismus und des Jugendstils, Aspekte des abstrakten Gestaltens (auf Anregung Čižeks) sowie solche der Dachauer Malschule. Ihre ständig prekäre Lebenssituation zwang sie dazu, ihren künstlerischen Stil immer wieder anzupassen, um den Verkauf zu fördern, was jedoch kaum Erfolg hatte. In den Städten, die der Neuen Sachlichkeit nahestanden, lernte sie diese Strömung kennen und thematisierte das urbane Leben mit allen Reizen und Nöten für die Menschen. In diesen Werken zeigte sich die Künstlerin oft selbst – häufig in Männerkleidung, entsprechend ihrer emanzipatorischen Haltung. Während ihres Aufenthalts in der Pflegeanstalt Feldhof entstanden die heute berühmten enigmatischen Papierarbeiten mit Robotern, Monstern und Phantasiewesen in einer höchst subjektiven und introspektiven Sichtweise, voller Anspielungen auf die politische Lage und die eigene Lebensrealität. Witz und Tragödie spielen in diesen Schrift-Bild-Kombinationen eine wesentliche Rolle. Ornamental und flächengebunden, erinnern sie an das, was Hans Prinzhorn 1922 in seinem Buch „Bildnerei der Geisteskranken“ beschrieben hat. M. hinterließ ein eigenständiges und höchst bemerkenswertes künstlerisches Werk, dem unter anderen zeitlichen Umständen möglicherweise viele Chancen offen gestanden wären. Ihre Arbeiten stellte sie 1917–19 und 1931 bei der Vereinigung/Genossenschaft bildender Künstler Steiermarks, Graz, aus. Ihre Werke befinden sich u. a. im Graz Museum und in der Neuen Galerie, beide Graz.

Weitere W.: s. I. M., 2005.
L.: AKL online; H. K. Müller, in: Das Schauspiel. Blätter des Neuen Schauspielhauses Königsberg i. Pr. 20, 1929/30, S. 198f.; F. Ullrich, Outsider. Die Sammlung Arnulf Rainer, Recklinghausen 1994 (Kat.); C. Dichter, in: Austria im Rosennetz, ed. P. Noever, Wien 1996, S. 274 (Kat.); Moderne in dunkler Zeit. Widerstand, Verfolgung und Exil steirischer Künstlerinnen und Künstler 1933–45, ed. P. Weibel – G. Eisenhut, Graz 2001, S. 282ff. (Kat.); A. Lehninger, Die Malerin und Graphikerin I. S. M. (1894–1941), DA Wien, 2003; A. Lehninger, in: NS-Wissenschaft als Vernichtungsinstrument, ed. W. Freidl – W. Sauer, 2004, S. 303ff.; I. M. (1894–1941), ed. G. Holler-Schuster, Graz 2005 (Kat., mit W.); G. Weixlbaumer, I. M. Alles Gute zum 111. Geburtstag, Schloss Hartheim 2005 (Kat.); biografiA. Lexikon österreichischer Frauen 2, 2016; Ladies First! Künstlerinnen in und aus der Steiermark 1850–1950, ed. G. Danzer, Graz 2020, S. 298ff., 382 (Kat., mit Bild); Pfarre Lainz, Wien; Künstler/innenarchiv Neue Galerie, Graz, Steiermark.
(G. Danzer)  
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)