Marchet, Arthur (1892–1980), Petrograph

Marchet Arthur, Petrograph. Geb. Innsbruck (Tirol), 18. 9. 1892; gest. Oberalm (Salzburg), 30. 5. 1980. Sohn von →Julius Marchet und Hermine Marchet, geb. Felderer. – Nach Besuch der Gymnasien in Wien-Josefstadt und Wien-Währing studierte M. ab 1911 Mineralogie und Petrographie an der philosophischen Fakultät der Universität Wien; 1916 Dr. phil. 1914–16 als Demonstrator am Mineralogisch-Petrographischen Institut tätig, erhielt er dort 1917 eine Assistentenstelle. 1920 ermöglichte ihm die Zepharovich-Stiftung der Akademie der Wissenschaften in Wien die Durchführung von Gesteinsanalysen an der Schwedischen Geologischen Reichsanstalt in Stockholm; 1923 Habilitation für Mineralogie und Petrographie; 1932 ao. Prof., suchte er 1939 um Ernennung zum Dozenten neuer Ordnung und außerplanmäßigen Professor an. 1940 o. Prof. für Petrologie, übernahm er auch die Leitung des Mineralogischen Instituts der Universität Wien, das seit der 1938 erfolgten Zwangspensionierung →Emil Dittlers unbesetzt war. 1942 wurde M. zum Direktor des Petrographischen Instituts bestellt; 1940–43 stellvertretender Dekan, 1943–45 Dekan der philosophischen Fakultät. 1945 wurde er auf Grund seiner nationalsozialistischen Aktivitäten an der Universität (NS-Dozentenführer) seines Amtes enthoben und wandte sich Arbeitsgebieten in der Industrie zu. Sein aberkannter akademischer Grad wurde erst 1950 wieder zuerkannt. 1951–63 war M. als Leiter des Laboratoriums der Glashütte von Mitterberghütten in Salzburg tätig. Der Themenkreis seiner wissenschaftlichen Arbeiten ist nachhaltig durch den Einfluss seines Lehrers →Friedrich Becke geprägt. Ausgehend von seiner Dissertation und Habilitationsschrift, veröffentlichte er Beiträge über die Petrographie des Waldviertels, die 1941 in die zusammenfassende Arbeit „Die moldanubischen Gesteine des Waldviertels (Niederdonau) und seiner Randgebiete“, publiziert in „Fortschritte der Mineralogie“ 25, mündeten. In weiterer Folge untersuchte M. die vulkanischen Gesteine in Österreich und Ungarn. U. a. arbeitete er an der Erstbeschreibung des spektakulären Aufschlusses jungvulkanischer Gesteine im Flysch des Wienerwalds mit. Ein anderer Forschungsschwerpunkt umfasste unterschiedliche kristallographische und mineralogische Studien wie jene an Oxalatkristallen. Dabei konnte M. anhand kristalloptischer und kristallographischer Untersuchungen deren Identität mit der chemischen Verbindung des Minerals Whewellit belegen. Daneben befasste er sich mit Zwillings- und Lageverzerrung beim Staurolith, mit optischen und chemischen Eigenschaften von Hornblenden, mit der mineralogischen und chemischen Untersuchung von Amphibolitgesteinen unterschiedlicher Färbung sowie der Eignung der Phosphaterden der Drachenhöhle bei Mixnitz als Düngemittel. M. verknüpfte neu entwickelte optische Methoden der Mineralphasenbestimmung mit den Ergebnissen chemischer Analysen von Gesteinen zu einer Gesamtanalyse, die zu einer modernen Charakterisierung der Gesteine herangezogen wurde. Um die Popularisierung seines Fachs bemüht, war er maßgeblich an der Herausgabe der 2. Auflage des „Mineralogischen Taschenbuches“, 1928, beteiligt und setzte sich für die Einführung bzw. Erweiterung der Fächer Mineralogie und Geologie an höheren Schulen ein. M. war ab 1915 Mitglied der Wiener Mineralogischen Gesellschaft (1923–28 Schriftführer, 1939–42 Vorsitzender, 1942–45 Vizepräsident) sowie Mitglied der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft.

Weitere W.: s. Pertlik – Schroll.
L.: Jb. der Wr. Ges.; Kürschner, Gel.Kal., 1926–54; E. Cermak, Beiträge zur Geschichte des Lehrkörpers der Philosophischen Fakultät der Universität Wien zwischen 1938 und 1945, phil. Diss. Wien, 1980, S. 198f.; F. Pertlik – E. Schroll, A. M. (18. 9. 1892–30. 5. 1980) ordentlicher Professor und Dekan der philosophischen Fakultät der Universität Wien … in: Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft 148, 2003, S. 373–385 (m. B. u. W.); Österreichische Historiker 1900–1945 …, ed. K. Hruza, 2008, s. Reg.; UA, Wien.
(F. Pertlik)   
Zuletzt aktualisiert: 15.3.2013  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 2 (15.03.2013)