Marenzeller, Matthias (1765-1854), Homöopath

Marenzeller Matthias, Homöopath. * Pettau (Ptuj, Unterstmk.), 15. 2. 1765; † Wien, 6. 1. 1854. Sohn eines Handwerkers, Großvater der beiden Vorigen; besuchte zuerst das Gymn. in Marburg, stud. in Graz Phil., dann an der Univ. Wien Med. Mit 21 Jahren praktizierte er am Allg. Krankenhaus in Wien und hielt dort als Priv. Doz. Vorlesungen über Anatomie und Operationslehre, 1788 Dr. med.; er wirkte dann in Agram und kam nach verschiedenen Versetzungen 1815 als Stabsarzt nach Mailand, wo er den Mißbrauch von Aderlässen und Purgantien heftig bekämpfte. Er wurde Arzt im Militärinvalidenspital in Prag, stud. die Schriften von Brown, Röschlaub und van Swieten sowie die neue Kurmethode Hahnemanns, mit dem er 1823 in Leipzig zusammentraf und in regelmäßigem Briefwechsel stand. M. übte Hahnemanns Lehre mit Erfolg aus, bekam bald großen Zulauf und wurde zum Apostel der Homöopathie in Österr. In den folgenden 12 Jahren behandelte er ca. 12.000 Kranke nach homöopath. Methode mit einer unglaublich geringen Todesrate. Obwohl klin. Versuche mit der homöopath. Heilart keinen sicheren Erfolg zeigten, war M. so von Kranken überlaufen, daß er um seine Pensionierung einreichte und Mitte 1829 nach Wien übersiedelte, wo er bald eine große Praxis besaß. In seinem Enthusiasmus für die Homöopathie brach M. mit der Schulmed. und zog sich dadurch viele Gegner zu. 1832 wurde durch K. Franz I. (s. d.) das Verbot der Ausübung der Homöopathie aufgehoben, Erzh. Johann (s. d.) ernannte M. zu seinem Leibarzt und auch Kg. Friedrich Wilhelm IV. v. Preußen unterstützte in seinem Land die Homöopathie. 1840 erteilte K. Ferdinand I. (s. d.) die Genehmigung zur Gründung des Ver. der homöopath. Ärzte. M. war zu sehr mit seiner Praxis beschäftigt, um zu publ. In seinem Nachlaß fanden sich jedoch viele Krankengeschichten und Protokolle. Interessant ist seine Arbeit über eine Konstitutionseinteilung (zu der er sich durch Lavaters Physiognomik angeregt fühlte), in welcher er die drei Haupttypen schlank, muskulös und fettleibig unterschied, die ihm ein Gerüst zur Einteilung der verschiedenen Einzelindividuen bildeten.

L.: Z. des Ver. der homöopath. Ärzte Österr., Bd. 1, 1857, S. 142; S. Kirchenberger, Lebensbilder hervorragender österr.-ung. Militär- und Marineärzte, in: Militärärztliche Publ. 150, 1913; Hirsch; Wurzbach; Kosch, Das kath. Deutschland; Lesky, S. 37, 49 f.
(M. Feucht)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 26, 1973), S. 77f.
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