Maria (Marie) Louise, (Maria Ludovica) Erzhgn. von Österr., Kn. der Franzosen, Hgn. von Parma, Piacenza und Guastalla (1791-1847)

Maria (Marie) Louise (Maria Ludovica), Erzherzogin von Österreich, Kaiserin der Franzosen, Herzogin von Parma, Piacenza und Guastalla. * Wien, 12. 12. 1791; † Parma, 17. 12. 1847. Älteste Tochter K. Franz I., aus dessen zweiter Ehe mit Maria Theresia, kgl. Prinzessin von Neapel. Umwelt, Erziehung und Lehrer nährten in ihr die Abneigung gegen Frankreich, so daß sie ihre Verheiratung mit Napoleon, K. der Franzosen, als ein im Interesse der Staatsräson gebrachtes Opfer empfinden mußte. Die von Metternich in die Wege geleitete Verbindung entsprang ausgesprochen polit. Erwägungen und trübte zeitlebens M. L.s Verhältnis zum Staatskanzler. Die Eheschließung M. L.s mit Napoleon erfolgte zunächst vertretungsweise am 11. 3. 1810 in Wien. Nachdem Napoleon in Soissons seine junge Gemahlin vom österr. Gefolge übergeben worden war, wurde am 2. 4. in Saint-Cloud die standesamtliche und am darauffolgenden Tag die kirchliche Trauung im Louvre vollzogen. Aus einer der ältesten Dynastien Europas stammend, fand sich M. L. nach Erziehung, ererbten Sitten und Gebräuchen nur schwer an diesem Kaiserhof zurecht und, selbst den Aufmerksamkeiten Napoleons eher kühl begegnend, zog sie es vor, sich immer mehr abzusondern und eigene Wege zu gehen. Der am 20. 3. 1811 geborene Sohn, Napoleon Franz, nachmals Herzog v. Reichstadt, erhielt bei seiner Geburt den Titel Kg. v. Rom. Während Napoleons Rußlandfeldzug hielt sich M. L. für kurze Zeit in Prag auf. Am 15. 4. 1813 wurde ihr die Regentschaft übertragen, um die sie sich, wie sie überhaupt kein spezielles polit. Interesse zeigte, wenig kümmerte; der ihr beigegebene Regentschaftsrat führte die Geschäfte. Nach Napoleons Niederlage bei Leipzig und dem Vormarsch der Alliierten nach Frankreich blieb M. L. bis zum 29. 3. 1814 in Paris, zog sich dann nach Blois und Orléans zurück. Nach Napoleons Abdankung am 12. 4. 1814 strebte sie die Rückkehr nach Österr. an. Das Zusammentreffen mit ihrem Vater fand in Rambouillet statt, von wo sie mit ihrem Sohn am 29. 4. unter Begleitschutz des Gen. Gf. A. Neipperg nach Wien reiste, das ihr einen triumphalen Empfang bereitete. Am 19. 2. 1815 richtete M. L. einen feierlichen Protest an den Wr. Kongreß gegen die Wiedereinsetzung der Bourbonen in Frankreich, um die legitimen Rechte ihres Sohnes zu wahren. Nach Napoleons Verbannung nach St. Helena brach sie jeden Kontakt zu ihm ab. Auf dem Wr. Kongreß war ihr das im Besitze einer bourbon. Nebenlinie befindliche Herzogtum Parma, Piacenza und Guastalla auf Lebenszeit übertragen worden, nach ihrem Tode sollte es wieder an die Bourbonen zurückfallen, die bis dahin mit Lucca entschädigt wurden. Am 20. 4. 1816 zog M. L. in ihr Herzogtum ein, das sie mit Hilfe tüchtiger Ratgeber vortrefflich verwaltete und die Zuneigung ihrer Untertanen gewann. Nach Napoleons Tod (5. 5. 1821) heiratete sie 1822 in heimlicher Ehe A. Gf. Neipperg, dem sie bereits 1819 einen Sohn (1864 Fürst Montenuovo) geboren hatte. Zwei Jahre nach dem Tode Neippergs (1829) mußte sie infolge der italien. Revolution von 1831 auf kurze Zeit aus ihrem Herzogtum fliehen. Nachdem österr. Truppen die Ruhe wiederhergestellt hatten, kehrte sie zurück, ohne an jenen Rache zu nehmen, die sie zum Verlassen des Landes gezwungen hatten. Napoleon. Restaurationsbestrebungen war sie von jeher ablehnend gegenübergestanden, machtpolit. Tendenzen lagen ihr ferne; sie hatte sich damit abgefunden, als italien. Landesfürstin ihr Leben zu beschließen. Nach Parma zurückgekehrt, heiratete sie am 17. 2. 1834 (?) in dritter Ehe den ihr vom Wr. Hof als polit. Berater zugeteilten Gf. Ch. L. v. Bombelles. Ihr weiteres Leben verlief verhältnismäßig ruhig. Nach ihrem Tod fiel das Herzogtum, den Verträgen entsprechend, an Karl Ludwig v. Bourbon, Herzog v. Lucca.

L.: J. A. v. Helfert, M. L., Erzhgn. v. Österr., Kn. der Franzosen, 1873; F. Masson, L’impératrice M. L., 1901; E. Gachot, Marie-Louise intime, 2 Bde., 1912; G. Aretz, M. L., Erzhgn. v. Österr., Kn. der Franzosen, . . ., 1936; J. Bertaut, M. L., 1940; J. de Bourgoing, M. L. v. Österr., Kn. der Franzosen, Herzogin v. Parma, 1949; M. L. und Napoleon, 1813–15. Die unveröff. Briefe, hrsg. von C. F. Palmsterna (aus dem Engl.), 1960; G. Kirchheim, Die Frauen um Napoleon, 1912; J. Schnitzer, Die Ehescheidung Napoleons, in: Kath. Eherecht, ca. 1899; Lex. der Frau; Rollett, Neue Beiträge, Tl. 11, 1898, S. 51; Wurzbach; Kosch, Das kath. Deutschland; Nouvelle biographie générale, red. von M. Hoefer, Bd. 33, 1860; Enc. It.; M. Billard, Les maris de M. L., 1908, dt. 1909; E. C. C. Corti, Vom Kind zum K., 1950, s. Reg.; Geheime Notizen des J. Columbus 1843–48, hrsg. von E. Kovács, 1971, s. Reg.
(R. Blaas–R. Lorenz)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 26, 1973), S. 87f.
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