Mataja, Emilie; Ps. Emil Marriot (1855-1938), Schriftstellerin

Mataja Emilie, Ps. Emil Marriot, Schriftstellerin. * Wien, 20. 11. 1855; † Wien, 5. 5. 1938. Tochter eines Kaufmannes, Schwester der beiden Folgenden; erhielt neben der Schule Sprach- und Literaturunterricht. 1871 erschien ihre erste Arbeit in einer Wr. Tagesztg. 1872 wurde sie durch Sacher-Masochs Schriften entscheidend beeindruckt. Sie nahm einen bis 1875 dauernden Briefwechsel mit ihm auf, der sie allerdings in ihrer Themenwahl nicht beeinflußte. 1874 verlobte sie sich für kurze Zeit mit Franzos (s. d.). Nach Veröff. ihres ersten Romans (1880) lobte Heyse ihr Talent, kritisierte jedoch ihre Unreife und die Wahl patholog. Stoffe. Ihr nächster Roman brachte den ersten größeren Bucherfolg. Im selben Jahr begann M. die Mitarbeit bei der „Wiener Allgemeinen Zeitung“, der sie als Feuilletonistin 30 Jahre hindurch Beitrr. lieferte. Ein Aufenthalt in St. Johann in Tirol regte sie zur Themenwahl aus dem Priestermilieu an. Ab 1882 verbrachte M. die Wintermonate in Berlin, wo sie Gedankenaustausch mit Harden, J. Wolff und Lindau pflegte. Von nur vorübergehender Wirkung war M.s Annäherung an kath. Kreise (R. v. Kralik, s. d., sowie an kath. Bll.), denen die freie Religiosität M.s nicht entsprechen konnte. 1891 trat sie in die „Iduna“ ein und gleichzeitig in freundschaftliche Beziehung zu Lemmermayer (s. d.), der sie mit dem anthroposoph. Kreis um Steiner bekannt machte. Während des Ersten Weltkriegs war M. caritativ tätig. Die in den Nachkriegsjahren allg. Abkehr von der naturalist. Darstellung ließ sie am weiteren Erfolg ihrer schriftsteller. Arbeit zweifeln. Sie beendete diese lange vor ihrem Tode und starb gänzlich vereinsamt. Mit einer bestimmten Tendenz zum Gewöhnlichen wertete M. bewußt Ideale ab. Zugleich ließ sie ihr an Schopenhauer geschulter Hang zu pessimist. Sicht Gutes verkennen, weil sie anders gerichtete Ansprüche nicht erfüllt sah. M. besaß ursprüngliches Erzähltalent und vereinte in sich die Doppelbegabung zu lebendiger Handlungsführung und reflexivem Denken. Ihre eth. Ansprüche an den Menschen und die Kunst ihrer Charakterzeichnung waren die Hauptgründe ihrer Geltung im Literaturbereich und bei einem breiten Leserpublikum.

W.: Gretes Glück (Schauspiel), 1897; Tiergeschichten, 1899; Kinderschicksale (Skizzen), 1912. Romane: Egon Talmore, 1880; Familie Hartenberg, 1883; Der geistliche Tod, 1884; Die Unzufriedenen, 1888; Moderne Menschen, 1893; Caritas, 1895; Seine Gottheit, 1896; Junge Ehe, 1897; Auferstehung, 1898; Menschlichkeit, 1902; Anständige Frauen, 1906; Heinz Henning, 1911; Der abgesetzte Mann, 1916; Das Sündengesetz, 1920. Novellen: Mit der Tonsur, 1886/87; Die Starken und die Schwachen, 1894; Schlimme Ehen, 1901, Neuaufl.: Meine Frau und anderes, 1910; Sterne, 1908; Erstarrung. Stilles Martyrium, 1909. Beitrr. in Z. und Ztg.
L.: N. Fr. Pr. vom 20. und 23. 11. 1915; Neue Illustrierte Wochenschau vom 4. 5. 1958; G. Falkensammer, E. M., Beitrr. zum österr. Ständeroman um 1900, phil. Diss. Wien, 1949; Brümmer; Giebisch–Gugitz; Giebisch–Pichler–Vancsa; Kosch; Kürschner, 1890–1937/38; Maderno; Nagl–Zeidler–Castle, Bd. 4, s. Reg.; F. Wienstein, Lex. der kath. dt. Dichter . . ., 1899; Eisenberg, 1893, Bd. 1; Kosel; Lex. der Frau; Jb. der Wr. Ges., 1929; Kosch, Das kath. Deutschland; Wer ist’s? 1905–35.
(V. Hanus)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 27, 1974), S. 133f.
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