Mautner von Markhof, Adolf Ignaz (1801-1889), Industrieller

Mautner von Markhof Adolf Ignaz, Industrieller. * Smiřitz (Smiřice, Böhmen), 26. 10. 1801; † Wien, 24. 12. 1889. Vater der beiden Industriellen Georg H. M. v. M. (s. d.) und Karl F. M. v. M. (s. d.), Großvater des Großindustriellen Georg A. M. v. M. (s. d.); entstammte einer alten Brauerfamilie und betrieb bereits auf der Kameralherrschaft Smiřitz eine verhältnismäßig große Brauerei. Als Pächter des heruntergekommenen Brauhauses St. Marx b. Wien (ab 1840, Kauf vom Bürgerspitalsfonds der Gemeinde Wien 1857 um 275.000 fl) erzeugte M. nach Entwicklung neuer vorbildlicher Kühlvorrichtungen und Lagerraumtypen (Normal-Bierlagerkeller System M.) 1843 erstmals untergäriges, den gesamten Sommer über haltbares „Abzugbier“. Durch vielfache Zubauten sowie durch die Verwendung einer Dampfmaschine ab 1845 wurden die Produktionsziffern ständig gesteigert (1840: 36.000, 1876: 267.360 hl) und eine Mälzerei und Brauerei in Göding (Mähren) errichtet. Zahlreiche Auszeichnungen (z. B. Medaille auf der Wr. Weltausst.) zeigten den glänzenden Ruf des Unternehmens, mit welchem nur mehr die Drehersche Brauerei in Schwechat zu konkurrieren vermochte. Gem. mit seinem Schwiegersohn J. Reininghaus gelang M. 1847 die systemat. Erzeugung einer allen Anforderungen entsprechenden Preßhefe (Wr. Verfahren), was mit dem Preis der Wr. Bäckerinnung und mit der Goldenen Medaille des Niederösterr. Gewerbever. gewürdigt wurde. Nachdem sein ältester Sohn Karl Ferdinand 1858 sein Kompagnon geworden war, hieß die Fa. Adolf Ignaz Mauthner & Sohn. Sein unternehmer. Talent stellte M. auch Anfang der 60er Jahre unter Beweis, als er die Wr. Likörerzeuger als Kunden gewinnen konnte und so der Absatzkrise bei Rohspiritus wirksam zu begegnen wußte. Zur Behebung der sozialen Mißstände im Braugewerbe erarbeitete er eine neue Nomenklatur (Brauführer, Obermälzer, Biersieder, Braugeselle), welche heute noch Geltung hat. 1853 ließ er zur feuersicheren Lagerung von Spiritus die ersten eisernen Reservoirs in Europa anfertigen. Von M.s großzügigem humanitären Wirken zeugen neben caritativen Stiftungen in Smiřitz und Baden vor allem seine Bestrebungen zur Sicherung des St. Marxer Bürgerspitals im Jahre 1848, die Errichtung von Militärspitälern in den Fabriken während der Kriege von 1859, 1864, 1866 und 1872, gem. mit seinen 10 Kindern, die Stiftung eines mehrere Gebäude umfassenden Kinderspitals in Wien-Landstraße sowie eines Mädchen- und Knabenwaisenfonds in der Höhe von 120.000 fl an die Gemeinde Wien. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. 1872 nob., 1879 Ehrenbürger von Smiřitz und Baden, 1883 Ehrenbürger von Wien, 1848 Präs. des Brauherrenver. für Wien und Umgebung.

L.: Wr. Ztg. vom 25. 12. 1889; Österr. Volksztg. und N. Fr. Pr. vom 25. und 27. 12. 1889; J. Mentschl, Österr. Wirtschaftspioniere, 1959, S. 63 ff.; J.Mentschl–G. Otruba, Österr. Industrielle und Bankiers, in: Österr.-Reihe, 279/81, 1965, S. 91 ff.; Österr. Naturforscher, Ärzte und Techniker, 1957, S. 216 f.; Rollett, Neue Beitrr., Tl. 11, 1898, S. 59; L. Noraj, Das Bürgerspital und das Versorgungshaus zu St. Marx in Wien, 1820; C. F. Mautner v. Markhof, Etablissements der Fa. A. I. M. und Sohn, 1873; Großind. Österr., Bd. 5, S. 252 ff.; J. Formanek–F. Berger, Festschrift des Kronprinz-Rudolf-Kinderspitales in Wien, 1910; Slokar, s. Reg.; J. Promintzer, 300 Jahre Brauhaus Schwechat (1632–1932), 1932; Vereinigte M. M.sche Presshefe Fabriken: 100 Jahre M.-Hefe (1850–1950), 1950; G. Mautner-Markhof, Einige Bemerkungen zur Geschichte Simmerings . . ., 1959, Manuskript; Allg. Verw. A., Wien; Mitt. A. Kurir, Wien.
(H. Stekl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 27, 1974), S. 165f.
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