Medelsky, Hermine (1884–1940), Schauspielerin

Medelsky Hermine, Schauspielerin. Geb. Wien, 9. 6. 1884; gest. 1940; röm.-kath. Tochter eines Gaskassiers der englischen Gasgesellschaft in Wien, jüngere Schwester der Burgschauspielerin Lotte Medelsky (1880–1960). – M. studierte ab 1899 am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien u. a. bei →Julius Meixner. Bereits nach der Abschlussvorstellung 1901 wurde ihr von Otto Brahm ein Engagement am Deutschen Theater in Berlin angeboten, das die 17-Jährige jedoch ablehnte, weil sie Wien nicht verlassen wollte. Sie kam als Elevin an das Deutsche Volkstheater, wo sie als Anna Birkmeier in Ludwig Anzengrubers Volksstück „Der Pfarrer von Kirchfeld“ debütierte. Erst 1903 folgte sie der Einladung nach Berlin und sammelte im Ensemble des Deutschen Theaters neben Else Lehmann, →Max Reinhardt und anderen weitere Bühnenerfahrungen. 1905 wurde sie von →Angelo Neumann an das Neue Deutsche Theater nach Prag engagiert, wo sie als Kammerzofe in Gerhart Hauptmanns Drama „Elga“ debütierte und in der Folge bis 1932 tätig war. Damit gehörte sie zu den wenigen deutschen Schauspielerinnen, die fast lebenslang an einer Bühne wirkten und sukzessive die Rollen von der Jugendlichen bis hin zu Mutterfiguren verkörperten. M. trat in zahlreichen Komödien und Grotesken auf und spielte meisterhaft auch stumme Rollen. Den Kern ihres Repertoires bildete jedoch die deutsche und österreichische Dramatik ihrer Zeit (Gerhart Hauptmann, Hermann Bahr, Arthur Schnitzler, Frank Wedekind im Prager Zyklus seiner Stücke 1919). Zuletzt trat sie in der Titelrolle von George Bernard Shaws Drama „Frau Warrens Gewerbe“ auf. M. war mit der Schauspielerin →Gisela Klein eng befreundet, stand ihr auch künstlerisch nahe und übernahm nach ihrem Tod (1919) deren zeitgenössisches Repertoire. 1930 wurde M. als erste und letzte deutsche Schauspielerin mit dem Tschechoslowakischen Staatspreis ausgezeichnet (in der Festvorstellung 1930 spielte sie die Frau Wolff in Gerhart Hauptmanns „Der Biberpelz“). Nach der Pensionierung lebte M. abwechselnd in Prag und Wien. Beim Prager Publikum sehr beliebt, wurde sie stets als „die“ Medelsky bezeichnet.

L.: Prager Presse, 14. 10. 1926 (m. B.); Prager Tagblatt, 28. 10. 1930 (m. B.); Eisenberg, Bühne (s. u. Caroline M.); Kosch, Theater-Lex.; Ulrich; G. Bondi, Geschichte des Brünner deutschen Theaters 1600–1925, 1924, S. 149; Prager Theaterbuch, ed. C. Schluderpacher, 1924, S. 8, 158; R. Rosenheim, Die Geschichte der Deutschen Bühnen in Prag 1883–1918, 1938, S. 168, 217; 50 Jahre Neues Deutsches Theater in Prag 1888–1938, 1938, S. 35, 46, 58; L. Strentzsch, Lotte M., die österreichische Schauspielerin, phil. Diss. Wien, 1947, S. 237–239; Gesellschaft der Musikfreunde in Wien; Národní archiv, Praha, CZ.
(J. Ludvová)   
Zuletzt aktualisiert: 1.3.2011  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 1 (01.03.2011)