Menzel, Adolf (1857-1938), Jurist

Menzel Adolf, Jurist. * Reichenberg (Liberec, Böhmen), 9. 7. 1857; † Wien, 12. 8. 1938. Stud. an der Univ. Prag Jus, 1879 Dr. jur.; neben der Gerichts- und Advokaturspraxis in Wien betrieb er intensive rechtswiss. und philosoph. Stud. an der Univ. 1882 Habil. für österr. Privatrecht an der Univ. Wien. 1886–89 war er Juristenpräfekt an der k. k. Theresian. Akad., 1889 ao. Prof. des öff. Rechtes, 1894 o. Prof. des österr. Verwaltungsrechtes bzw. des Staatsrechtes an der Univ. Wien, 1915 Rektor. 1894 korr. Mitgl. der Dt. Ges. der Wiss. in Prag, 1917 w. Mitgl. des k. k. Reichsgerichts, 1925 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, 1918–30 1. Vizepräs. des neu errichteten Verfassungsgerichtshofes, 1937 Dr. h. c. der Staatswiss. der Univ. Wien. Ab 1894 erfolgte ein Wandel in M.s Interessen vom Privatrecht zum öff. Recht, zur sozialpolit. Gesetzgebung. Er widmete sich nun ausschließlich den philosoph. und hist. Grenzgebieten der allg. Staatslehre und den Problemen der Soziol., eine „energetische“ Staatslehre entwickelnd. Ungemein vielseitig, beschäftigte sich M., stets auf Empirie aufbauend, in seinen Abhh. real und objektiv meist mit aktuellen Themen. Er lieferte zwar durch seine Forschungen viele wissenswerte Ergebnisse, vermochte aber nicht, als Schöpfer grundlegend neuer Erkenntnisse über die Gestaltungsgesetze des sozialen Lebens hervorzutreten. Sehr erfolgreich war M. mit seinen Arbeiten aus dem Gebiet der Antike. Hier konnte er Ergebnisse der Altertumswiss. durch eigenes Quellenstud. ergänzen und berichtigen und für die Geschichte der Staatstheorien fruchtbar machen. Insbesondere versuchte er zu beweisen, daß sich die Antike nicht nur mit Staatslehre und Staatsphil. sowie mit gesellschaftlichen Beziehungen ausschließlich aus der Sicht der Ethik und Politik beschäftigt, sondern Soziol. als erklärende und beschreibende Wirklichkeitswiss. bereits gekannt habe.

W.: Der Irrtum bei Verträgen, 1882; Zur Lehre von der Schuldübernahme, 1884; Soziale Gedanken im Bergrecht, 1891; Die Arbeitsversicherung nach österr. Recht, 1893; Die Kartelle und die Rechtsordnung, 1894; Arbeiterversicherung und Steuerreform, 1894; Wandlungen in der Staatslehre Spinozas, 1898; Spinoza und die Kollegianten, 1901; Machiavelli-Stud., 1902; Natur- und Kulturwiss., 1903; Mirabeau und die Menschenrechte, 1907; Protagoras als Gesetzgeber von Thurii, 1910; Naturrecht und Soziol., 1912; Kallikles, eine Stud. zur Geschichte der Lehre vom Rechte des Stärkeren, 1922; Beitrr. zur Geschichte der Staatslehre, in: Sbb. Wien, phil.-hist. Kl., Bd. 210, 1929; Die energet. Staatslehre, 1931; Grundriß der Soziol., 1938; etc. Mithrsg.: Österr. Z. für öff. Recht, 1914 ff.
L.: N. Fr. Pr. vom 9. 7. 1927, 9. und 10. 7. 1932; Österr. Verwaltungsbl., 1937, S. 162 ff.; Jurist. Bll., Jg. 66, 1937, S. 289 ff.; Forschungen und Fortschritte, Jg. 13, 1937, S. 239; Almanach Wien, 1939 (mit Werksverzeichnis); Festschrift aus Anlaß seines 70. Geburtstages, 1937; W. Zawada, A. M., eine wiss. Biographie und krit. Würdigung für die Bedeutung seiner Staatslehre, staatswiss. Diss. Wien, 1972; Kürschner, Gel. Kal., 1925–35; W. Kosch, Biograph. Staatshdb., Bd. 2, 1963; Wininger; Wer ist Wer?; Wer ist’s? 1905–35.
(E. Melichar)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 28, 1974), S. 225f.
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