Miller, Martin; früher Mühler (1769-1833), Fabrikant

Miller Martin, Fabrikant. * Wien, 28. 4. 1769; † St. Ägyd a. Neuwald (NÖ), 21. 4. 1833. Stammte aus der aus Franken eingewanderten Feinzeug- und Kunstschmiedefamilie Mühler; ging als Geselle nach England und nannte sich nach seiner Rückkehr Miller. 1799 ist er als k. k. Uhrstahlfabrikant nachweisbar. Vom Schlossermeister U. Mutter, der nach einem besonderen Verfahren Drahtzieheisen schmiedete, erwarb er dessen „Geheimnis“ um 2000 fl und kaufte in Wien-Gumpendorf, Webgasse 26 (früher Schmidgasse 351) ein Haus. Der hier in Betrieb genommene erste Tiegelstahlofen Österr. trägt die Jahreszahl 1804. Bei seinem Aufenthalt in Wien, 1809, erfuhr auch Napoleon von M.s Tätigkeit auf dem Gebiete der Gußstahlerzeugung. Ein Angebot, seine Erfindung – angeblich um 200.000 Francs – an die französ. Regierung zu verkaufen, lehnte M. ab. Seine großen Erfolge ermöglichten M., 1825 gem. mit D. Fischer (s. d.) eine Schmiede in St. Ägyd zu erwerben und am linken Ufer der Traisen nach den in England gewonnenen Erfahrungen ein Stahlwerk zu errichten. Nach M.s Tod übernahm sein Sohn aus erster Ehe, Franz Matthias M., das Wr. Geschäft, während die Stahlschmelze auf die Söhne Martin und Lorenz M. überging. Das Stahlwerk St. Ägyd wurde nach anfänglich sehr guter Entwicklung 1886 an den Stahl- und Eisenhändler J. Bernreuther verkauft und ging schließlich an die Fa. Böhler und deren Niederlassung in St. Ägyd über. Die Wr. Fa. Martin M. & Sohn, die ihre Erzeugung später nach Traismauer (Walzwerke und Sägenfabrik) verlegte, besteht noch heute, während die 1846 von ihr gegründete Theresienhütte a. Ternitz in der Schoeller-Bleckmann Stahlwerke AG aufging.

L.: Bll. für Techn. Geschichte, H. 1, 1932, S. 106; W. Kisch, Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten, Bd. 2, 1895, S. 401 ff.; Großind. Österr., Erg.Bd., Tl. 2, S. 180 ff.; Slokar, S. 489; H. Heppner, Chronik der Marktgemeinde St. Ägyd a. Neuwald, 1952, S. 99; W. Kossmann, Beginn der Tiegelstahlherstellung im Jahre 1804 in Österr., in: Stahl und Eisen 82, 1962, S. 1883 f.
(B. Holl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 29, 1975), S. 303
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