Moissi, Alexander (1879-1935), Schauspieler

Moissi Alexander, Schauspieler. * Triest, 2. 4. 1879; † Wien, 22. 3. 1935. Sohn eines alban. Kaufmannes und einer Italienerin; kam 1898 nach Wien, nahm kurze Zeit Gesangstunden am Konservatorium und erhielt durch Vermittlung F. Krachers (s. d.) 1898 eine Statistenstelle am Hofburgtheater, wo er nach einem Jahr den Diener Lorenzo in Molières „Tartuffe“ geben durfte. Er nahm Schauspielunterricht bei Kainz (s. d.) und Strakosch und war 1901–03 als Vertreter des Heldenfaches am neuen Dt. Theater in Prag engagiert, wo er in verschiedenen Rollen auftrat. 1904 wurde er von Reinhardt als Wurm in „Kabale und Liebe“ eingesetzt. Da sich M. aber weder beim Publikum noch im Ensemble durchsetzen konnte, trat er mit neuer Spielzeit dem Ensemble der neugegründeten „Deutschen Volksbühne“ bei, die sich bereits nach zwei Monaten wieder auflöste. Als Golo in Hebbels (s. d.) „Genoveva“ konnte er erstmals auch Kritiker für sich interessieren. Reinhardt, der von der Größe M.s überzeugt war, holte ihn nun in sein Ensemble zurück und 1904 trat er als Schauspieler in Gorkis „Nachtasyl“ im Kleinen Theater auf. Aber erst 1906 konnte M. als Kreon in Hofmannsthals (s. Hofmann v. H.) „Ödipus und die Sphinx“ den durchschlagenden Erfolg erringen. Von großer Bedeutung für M. wurde das St. Petersburger Gastspiel, das seine Beziehungen zur slaw. Mentalität und zur russ. Dichtung vertiefte. In Berlin trat er erstmals wieder 1917 als Danton an Reinhardts Dt. Theater auf. Nach dem Auslaufen seines Vertrages mit Reinhardt im Jänner 1921 gehörte er vertraglich keinem Theater bzw. Ensemble mehr an, sondern gab allein und auch mit eigenen Schauspieltruppen, bei denen er dann auch als Regisseur auftrat, Gastspiele in der ganzen Welt. Neben seinen Gastspielen in Deutschland, Holland, in der Schweiz und in Italien (u. a. Rom, Triest und Mailand) sowie in Prag, Budapest, London, St. Petersburg, Moskau und Stockholm sind vor allem drei große Gastspiele von Bedeutung: 1927 in Paris, 1927/28 mit einem Reinhardt-Ensemble in New York und 1931 in Argentinien, Uruguay und Brasilien. In Wien trat er bei seinen zahlreichen Gastspielen (Verhandlungen mit dem Burgtheater, die nach dem Tode von Kainz, s. d., 1910 begannen, führten nie zu einem Engagement) im Carl-, Raimund- und Josefstädter-Theater, am Dt. Volkstheater und an der Neuen Wr. Bühne sowie im Zirkus Busch auf. Bei der Gründung der Salzburger Festspiele 1920 übernahm er die Rolle des Jedermann, die er durch viele Jahre mit großem Erfolg spielte. 1913 wirkte M. erstmals in einem Stummfilm mit. Seinen ersten Tonfilm, „Kean oder die Königsloge“, drehte M. 1929 während seiner dritten Amerikareise. M. war ab 1919 in zweiter Ehe mit der Schauspielerin J. Terwin verheiratet.

W.: Der Gefangene (Drama), 1932. Hauptrollen: Ödipus (Sophokles, Kg. Ödipus); Romeo (W. Shakespeare, Romeo und Julia); Hamlet (ders., Hamlet); Oberon (ders., Ein Sommernachtstraum); Narr (ders., Kg. Lear); Prinz Guastalla (G. E. Lessing, Emilia Galotti); Faust (J. W. v. Goethe, Faust); Tasso (ders., Torquato Tasso); Clavigo (ders., Clavigo); Franz Moor (F. Schiller, Die Räuber); Fiesko (ders., Die Verschwörung des Fiesko zu Genua); Posa (ders., Don Carlos); Danton (G. Büchner, Dantons Tod); Oswald (H. Ibsen, Die Gespenster); Fedja (L. Tolstoi, Der lebende Leichnam); Nikolai (ders., Und das Licht leuchtet in der Finsternis); Nikita (ders., Die Macht der Finsternis); Dubedat (B. Shaw, Der Arzt am Scheideweg); Moritz Stiefel (F. Wedekind, Frühlingserwachen); Heinrich IV. (L. Pirandello, Heinrich IV.); Johannes Vockerath (G. Hauptmann, Einsame Menschen); Montezuma (ders., Der weiße Heiland); Kreon (H. v. Hofmannsthal, Ödipus und die Sphinx); etc. Filme: Kulissenzauber, 1915; Pique Dame, 1918; Der Sohn der Götter, 1920; Figaros Hochzeit, 1920; Zwischen Himmel und Erde, 1920.
L.: N. Wr. Tagbl. vom 31. 3. 1912, 11. 10. 1913 und 24. 7. 1921; N. Fr. Pr. vom 24. 9. 1921, 11. 6. 1922, 27. 1. 1924 und 23. 3. 1935; Neues Wr. Journal vom 23. 9. 1924 und 18. 1. 1925; Berliner Börsencourier vom 8. 4. 1930; Wr. Ztg. vom 23. 3. 1935 und 20. 3. 1960; Neue Zürcher Nachr., 1952, n. 80; Die Presse vom 20. 3. 1955; Die Weltwoche (Zürich) vom 21. 9. 1956; Rathaus-Korrespondenz vom 19. 3. 1960; Theaterkalender auf das Jahr 1912, 1912; Theater der Zeit, Jg. 13, 1958, n. 4, S. 21 f.; E. Faktor, A. M., 1920; F. Kreuzig, Ein M.-Brevier, 1921; L. Ullmann, M., 1922; H. Böhm, A. M. Der Mensch und der Künstler, in Worten und Bildern, 1927; I. Rohracher, Leben und Wirken des Schauspielers A. M., phil. Diss. Wien, 1951; J. Bab, Dt. Schauspieler, 1908; Enc. dello spettacolo, Bd. 7, 1960; O. M. Fontana, Wr. Schauspieler, 1948; Giebisch–Gugitz; Kosch, Theaterlex.; Enc. It.; Rub; H. Stümcke, Vor der Rampe, 1915; M. Brod, Sternenhimmel, 1923; J. Bab, Kränze dem Mimen, 1954; T. Durieux, Eine Tür steht offen (Erinnerungen), 1954.
(E. Marktl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 29, 1975), S. 346f.
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